
Beim österreichischen Stromriesen Verbund setzt man darauf, dass die Regierung die Bremsen für den Aus- und Umbau des Energiesystems lockert.
Die wichtigste Maßnahme, damit Österreichs Wirtschaft aus der nun schon drei Jahre dauernden Krise herausfinde, seien Investitionen, sagt Michael Strugl, Vorstandsvorsitzender der Verbund AG, und will mit gutem Beispiel vorangehen. Als Österreichs größter Stromerzeuger werde man von 2025 bis 2027 in den Neu- und Umbau des Energiesystems 5,9 Mrd. Euro investieren, das sei ein wichtiger Impuls für den Wirtschaftsstandort.
Es könnte sogar noch mehr sein, sagt Strugl mit Verweis auf die von der Regierung für die nächsten fünf Jahre beschlossene Abschöpfung bei den Gewinnen der Energieversorger, mit der diese naturgemäß keine Freude haben. Man bekenne sich als Branche dazu, einen Beitrag zum Überwinden der Krise zu leisten. Das habe aber einen Preis. Mit den 200 Mill. Euro pro Jahr, die im Eigenkapital fehlten, könnten Investitionen von rund einer Mrd. Euro dargestellt werden, weil dabei auch Fremdkapital zum Einsatz komme.
Auch der Verbund leiste einen erheblichen Beitrag zur Sanierung des Haushalts der Republik, sagt Strugl. Man werde heuer eine Mrd. Euro Dividende ausschütten, davon gehe die Hälfte an den 51-Prozent-Eigentümer Republik. Dazu kämen Steuern in Höhe von rund 700 Mill. Euro und der anteilige Energiekrisenbeitrag, den man auf 50 bis 100 Mill. Euro schätze. Dennoch werde man allein heuer 1,95 Mrd. Euro investieren, sagt der Verbund-Chef.
2025 gehen drei Kraftwerke (Limberg III, Reißeck II und Stegenwald, ein Gemeinschaftsprojekt mit der Salzburg AG) mit einer Gesamtleistung von 560 Megawatt und Investitionen von 760 Mill. Euro in Betrieb. Auch in die Netze fließt viel Geld, die Verbund-Tochtergesellschaft Austrian Power Grid (APG) plant bis 2034 Ausgaben von 9 Mrd. Euro.
2024 hat der Verbund bei einer höheren Stromerzeugung aufgrund der stark rückläufigen Großhandelspreise um ein Fünftel weniger Umsatz (8,24 Mrd. Euro) gemacht. Der durchschnittliche Preis für den erzeugten Strom war mit 118 Euro je Megawattstunde um 30 Prozent niedriger als 2023. Das operative Ergebnis (Ebitda) blieb mit 3,48 Mrd. Euro um mehr als ein Fünftel unter dem Wert des Jahres 2023. Der unterm Strich verbliebene Gewinn fiel mit 1,88 Mrd. Euro um 17 Prozent geringer aus. Der Vorstand schlägt daher eine von 3,40 auf 2,80 Euro gekürzte Dividende je Aktie vor.
Dass die Regierung Energie billiger machen und die Netzentgelte senken will, aber trotzdem Milliardenbeträge in den Netzausbau fließen, sei möglich, wenn man den Umbau des Energiesystems besser plane, sagt Finanzvorstand Peter Kollmann. Es fehle nicht am Kapital, schon eher an der Kompetenz und vor allem an der Koordination.
Wie teuer Verzögerungen beim Ausbau der Energieinfrastruktur sind, demonstriert Kollmann anhand der Salzburg-Leitung. Deren Bau habe sich durch die langen Genehmigungsverfahren um 13 Jahre verzögert. Die Folge: Die ursprünglich geplanten Kosten von 500 bis 600 Mill. Euro hätten sich verdoppelt. Es gehe nun darum, die für die Transformation nötigen Gesetze endlich umzusetzen. Dennoch dürfe man sich nicht der Illusion hingeben, künftig allein mit erneuerbaren Energien das Auslangen zu finden. Man brauche Gaskraftwerke als Rückversicherung, „wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst“, sagt Kollmann. Aber je mehr erneuerbare Energie zur Verfügung stehe, umso geringer werde der Einfluss der Gaskraftwerke auf den Strompreis in dem weiter umstrittenen Merit-Order-System.
Gerade beim Ausbau erneuerbarer Energien hapert es laut Strugl in Österreich. Es sei hier sehr schwierig, Projekte umzusetzen, das sei in anderen Märkten leichter möglich. Vor allem Windkraftanlagen seien besonders schwer durchzubringen. Gerade die bräuchte man aber für eine Glättung der Stromerzeugung, sagt der Verbund-Chef. Von den bisher vom Verbund installierten Solar- und Windkraftanlagen mit einer Leistung von insgesamt 1200 Megawatt entfallen nur rund 125 Megawatt auf Österreich, der Großteil auf das Ausland, etwa Deutschland und Spanien.
Dennoch halte man am Ziel fest, dass Sonne und Wind bis 2030 ein Viertel der Eigenerzeugung ausmachen sollen.
„Der Energiemix muss stimmen, das ist in Österreich derzeit nicht der Fall“, sagt Strugl. Das verursache hohe zusätzliche Kosten. Eine schlecht gemanagte Transformation des Energiesystems sei um 30 bis 40 Prozent teurer als eine gut gemachte. Er begrüße daher sehr, dass es eine Beschleunigung der Verfahren geben solle, sagt Strugl.
Trotz gegenteiliger Erfahrungen in der Vergangenheit bleibt der Verbund-Chef optimistisch. Nach einem Gespräch mit dem für Energie zuständigen Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer sei er „tatsächlich zuversichtlich, dass die Regierung die nötigen Gesetze jedenfalls heuer, wenn möglich noch vor dem Sommer, auf den Weg bringen wird“, sagt Strugl.
von Richard Wiens
Salzburger Nachrichten