Was vom Gewinn des Verbund bleibt

24. März 2025, Wien

Energie. Der Verbund verdient trotz stark sinkender Strompreise Milliarden. Den Großteil investiert er in die heimische Energiewende. Aber auch die Politik will immer mehr vom Kuchen.

Für den staatlichen Stromkonzern Verbund fällt der Blick zurück rosiger aus als der nach vorn. Im vergangenen Jahr hat es in Österreich mehr als genug geregnet, die Wasserführung in den Flüssen lag um neun Prozent über dem langjährigen Schnitt. Entsprechend viel Elektrizität konnte der Wasserkraftkonzern produzieren. Auch die 1,2 Gigawatt an Wind- und Solarkraftwerken, die das Unternehmen in Spanien, Rumänien und Deutschland besitzt, lieferten deutlich mehr als im Jahr zuvor.

Da gleichzeitig die Preise an den europäischen Strombörsen stark nach unten gingen, konnte das Unternehmen zwar einen Rückgang beim Betriebsergebnis um 22,5 Prozent nicht verhindern. Mit einem Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von 3,5 Milliarden Euro steht der Verbund aber immer noch deutlich besser da als in den allermeisten Jahren zuvor. Zur Erinnerung: Bis zum Ukraine-Krieg pendelten die Strompreise in Europa um die 30 bis 45 Euro je Megawattstunde. Das ist ein Drittel dessen, was das Unternehmen heute damit verdienen kann.

Grenzen der Übergewinnsteuer

Die hohen Gewinne kann das Unternehmen gut gebrauchen: Allein heuer investiert der Verbund knapp zwei Milliarden Euro in den Bau von Stromleitungen und Pumpspeicherkraftwerken in Österreich. Knapp sechs Milliarden Euro sollen in den kommenden drei Jahren fließen. Aber einfacher wird es nicht. Denn die Preise sinken weiter, und Konzernchef Michael Strugl muss sich ernsthaft fragen, wie viel von den Gewinnen dem Unternehmen künftig noch erhalten bleibt.
„Wir haben eine Wachstumsschwäche in Österreich, wie wir sie noch nie gesehen haben“, sagt er. „Die wichtigste Maßnahme dagegen ist investieren.“ Genau das wird aber auch für einen finanzstarken Konzern wie den Verbund zusehends schwierig. Wie berichtet, plant die neue Regierung, den Energiekonzernen (fast) alle Einnahmen, die sie ab einem Strompreis von 90 Euro je Megawattstunde erzielen, abzunehmen. Zumindest 200 Millionen Euro im Jahr sollen durch diesen verschärften Energiekrisenbeitrag zur Budgetsanierung an die Republik fließen. Für das Momentum-Institut ist das noch lang nicht genug: Der gewerkschaftsnahe Thinktank fordert, die Grenze für die „Übergewinnsteuer“ noch weiter zu senken.

1,3 Milliarden für den Staat

„Wir bekennen uns dazu, dass wir zusammenhelfen, um diese Situation zu bewältigen“, sagt Strugl mit Blick auf das Budgetdefizit. „Aber der Beitrag von Verbund ist schon ein beträchtlicher.“ Tatsächlich wird das Unternehmen heuer weit über eine Milliarde Euro in die Staatskasse spülen. Eine halbe Milliarde Euro erhält die Republik als 51-Prozent-Eigentümerin an Dividenden. Dazu kommen weitere 700 Millionen Euro an „normalen“ Steuern und 50 bis 100 Millionen über die strengere Gewinnabschöpfung.

„Man muss sich Investitionen auch noch leisten können“, sagt Finanzvorstand Peter Kollmann. In Summe würde allein die Übergewinnsteuer branchenweit Investitionen in die Energiewende in Höhe von rund einer Milliarde Euro im Jahr verhindern.

Mehr Angebot senkt den Preis

Das laufende Jahr dürfte nicht einfacher werden: 2025 war bis dato ein sehr trockenes Jahr. Die Wasserkraftproduktion brach um etwa 20 Prozent ein. Dazu kommt die weitere „Normalisierung“ der Strompreise. Verbund rechnet damit, seinen Strom heuer noch um 109 Euro je MWh verkaufen zu können. Für 2026 werden derzeit Preise um die 79 Euro erwartet.

Auch hier will die heimische Regierung aktiv werden. Sie kündigte vage an, die Volatilität der Strompreise stoppen zu wollen. Seither rätselt die Branche, ob Wien damit andeuten wollte, im Alleingang das europäische Marktdesign zu stürzen, was freilich wenig Aussichten auf Erfolg hätte. Michael Strugl hat eine andere Idee parat, wie die Strompreise für Österreichs Konsumenten dauerhaft sinken könnten: „Wir müssen das Angebot erhöhen, unsere Erzeugung und die Netze ausbauen. Je mehr wir selbst erzeugen, desto weniger sind wir abhängig von den Importen.“

von Matthias Auer

Die Presse