
Der landeseigene Tiroler Energieversorger hat Montagvormittag den umstrittenen Ausbau des Kraftwerks Kaunertal zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingereicht. Mit einem rechtskräftigen Bescheid rechneten die Verantwortlichen bis 2029, die Umsetzung des 1,6 Mrd. Euro schweren Megaprojekts soll bis 2034 erfolgen, hieß es am Montag bei einem Pressegespräch in Innsbruck. Umweltschützer kritisierten die Einreichung als „fahrlässig“.
Für Tiwag-Bauvorstand Alexander Speckle war es dagegen ein „wichtiger Tag für die Tiwag und die Netzstabilität des Landes.“ Mit der geplanten Errichtung des Pumpspeichers Versetz sowie dem Speicher Platzertal mit 42 Mio. Kubikmeter Wasser werde ein „wichtiger Beitrag zum Speicher erneuerbarer Energie“ geleistet. Speckle war überzeugt, dass dies – trotz einiger „Andersdenkender“ – die „Masse verstehen“ wird. Auch wenn in zwei Jahren mit einem positiven Bescheid gerechnet wurde, dürfte aufgrund erwarteter Einsprüche ein Baubeginn nicht vor 2029 erfolgen, führte Tiwag-Abteilungsleiter Johann Neuner aus.
Die Unterlagen zum Kraftwerksprojekt landeten nun nicht zum ersten Mal auf den Schreibtischen der Behörde. Viermal war dem Energieversorger ein Verbesserungsauftrag erteilt worden, im Vorjahr wurde das Vorhaben zudem in zwei Projektvorhaben geteilt. Der zweite Projektteil sah unter anderem das Unterstufenkraftwerk Prutz 2 und das Kraftwerk Imst 2 sowie Wasserableitungen aus dem Ötztal vor – doch hatte sich insbesondere zu letzterem Vorhaben veritabler Widerstand in der Bevölkerung und letztlich der Landespolitik geregt.
Zukunft von „Teil zwei“ noch offen
Wie es mit diesem zweiten Projektteil weitergehe, „wird sich zeigen“, sagte Speckle am Montag. Er hielt jedoch gleichzeitig fest, dass es „herausfordernd“ werde, bis 2050 wie avisiert energieautonom zu werden. Schließlich wurde die Tiwag von der Tiroler Landesregierung im Jahr 2011 beauftragt, zwei Terawattstunden auszubauen. „Wenn wir das umsetzen wollen, wird es zusätzliche Wasserkraftwerke brauchen, wie auch zusätzliche PV-Anlagen und Windkraftanlagen“, so der Tiwag-Bauvorstand.
Mit den nun eingereichten Unterlagen mit 9.000 Seiten und 440 Plänen zeigte sich Speckle jedenfalls zufrieden, diese seien am „letzten Stand der Technik“. Auch das Thema Klimawandel sei „umfassend behandelt“ und die Klimawandelszenarien des Weltklimarats (IPCC) berücksichtigt. Auch gegen den Vorwurf der Zerstörung eines Moores wehrte sich der Vorstand einmal mehr: „Es gibt kein Hochmoor im Platzertal.“
WWF und Global 2000 weiter vehement gegen Kraftwerksprojekt
Der WWF hatte zuletzt vor Naturgefahren wie Felsstürzen und instabilen Hängen rund um das Kraftwerk gewarnt. Das Energieunternehmen sah dagegen die Sicherheit durch den geplanten Kraftwerksausbau nicht gefährdet. Am Montag erneuerte die Umweltschutzorganisation ihre Kritik und bezeichnete das Vorhaben als „ökologische Katastrophe“. Es könne „niemals umweltverträglich gestaltet werden“, die Tiwag nehme „die rasanten Veränderungen im Hochgebirge nicht ernst.“ Wertvolle Moorflächen würden „zerstört“, meinte WWF-Experte Maximilian Frey.
Auch Global 2000 schloss sich dem an und bezeichnete die Pläne als „verantwortungslos und schockierend“. Laut Hanna Keller, Klima- und Energiesprecherin bei Global 2000, gebe es Alternativen, „die deutlich weniger Umweltrisiken bergen.“
Die Pläne für das Mega-Pumpspeicherkraftwerk waren zum ersten Mal im Jahr 2009 eingereicht worden, die UVP erstmals 2012 gestellt worden. Die schwarz-rote Tiroler Landesregierung bekannte sich zum Kraftwerksausbau im Kaunertal. Die Tiwag betonte stets, am Kraftwerksprojekt führe kein Weg vorbei, um die in Tirol für 2050 anvisierte Energieautonomie zu erreichen.
APA