
Im Jahr 2030 werden Datencenter doppelt so viel Strom benötigen wie derzeit. Erneuerbare Energie allein wird dafür nicht reichen. Das droht so manchem Tech-Konzern die Klimabilanz zu verhageln.
Wie viel Strom verschlingt ein modernes Rechenzentrum? Die Zahl ist derart groß, dass sie sich am leichtesten mit einem Vergleich veranschaulichen lässt: so viel, dass man damit genauso gut 100.000 private Haushalte mit Elektrizität versorgen könnte. Weil seit Jahren ein immer rasanteres Rennen um die Vorherrschaft bei der Künstlichen Intelligenz ausgetragen wird und immer weitere Teile von Wirtschaft und Gesellschaft digitalisiert werden, steigt auch der Bedarf an Rechenzentren, die all die Daten verarbeiten – und mit ihnen auch die Stromnachfrage.
Einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge wird sich der Strombedarf aller Rechenzentren weltweit innerhalb der kommenden fünf Jahre mehr als verdoppeln. Nicht nur werden mehr Datencenter aus dem Boden gestampft, auch deren Größe und Leistungsfähigkeit wird imposanter. Hat der Stromverbrauch älterer Rechenzentren noch dem Bedarf von 10.000 bis 25.000 Haushalten entsprochen, ist nun von Äquivalenten von 100.000 bis zwei Millionen Haushalten die Rede.
In keinem anderen Sektor steigt der Strombedarf derart rasant wie bei den Rechenzentren. Jährlich werden 15 Prozent mehr benötigt. Damit hält nicht einmal der dynamische Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt. Für die Emissionen des Sektors verheißt das nichts Gutes. Ebenso wenig für die Klimabilanzen der Tech-Konzerne von Meta über Amazon bis Microsoft.
IEA warnt vor Risiken
Erst im Vorjahr gab Google bekannt, dass der CO2-Ausstoß des Konzerns binnen eines Jahres um 13 Prozent gestiegen ist. Vornehmlich wegen der Rechenzentren und Emissionen in der Lieferkette, wie es im entsprechenden Umweltbericht heißt. Dabei will man eigentlich – ebenso wie Meta und Microsoft – im Jahr 2030 klimaneutral sein.
Trotz der selbstauferlegten Klimaziele dürften die Tech-Konzerne so manchem Erdgas- und Kohlekraftwerksbetreiber ein Revival bescheren – zumindest kurzfristig. Fossile Erzeuger erleben in den USA seit zwei Jahren einen regelrechten Boom, ihre Auftragsbücher sind voll. Viele modernisieren bestehende Anlagen, andere bauen neue Gasturbinen hinzu. Schließlich ist vor allem Erdgas gut verfügbar, steuerbar und günstig. Das geht allerdings mit Risiken einher, warnt die IEA. Zwei Drittel der weltweit bestellten Gasturbinen stammen von nur drei Herstellern: GE Vernova, Siemens Energy und Mitsubishi Power. Lieferverzögerungen gibt es schon jetzt. Und das, obwohl die globale Nachfrage seit zwei Jahrzehnten zurückgeht. 2002 wurden noch 110 Gigawatt (GW) neu installiert, über die Jahre ist der jährliche Zubau dann erst auf 60 und seit 2020 auf 40 GW gesunken. Steigt nun die Nachfrage aufgrund des KI-Hypes wieder, könnte das bestehende Engstellen weiter verstopfen. Hinzu kommt: Ist der Bedarf hoch, das Angebot aber begrenzt, droht der Kostenvorteil zu erodieren.
Wie sauber sind sie?
Wie sauber die Rechenzentren betrieben werden, hängt aber auch stark von deren Standort ab. 85 Prozent aller Datencenter sind in den USA, China und Europa angesiedelt, Wachstumsmärkte sind vor allem in Indien und Südostasien (Singapur, Malaysia) zu finden.
Während die Rechenzentren in Europa im Jahr 2030 laut IEA-Prognose zu 85 Prozent mit Grünstrom betrieben werden könnten, wird in Indien zu diesem Zeitpunkt noch immer die Hälfte des benötigten Stroms aus Kohlekraftwerken stammen.
Auch in China liegt der Kohleanteil an der Stromversorgung von Rechenzentren aktuell bei noch 70 Prozent, in den USA stammen 40 Prozent aus Erdgas. Global betrachtet wird bis 2030 wohl nur etwa die Hälfte des zusätzlichen Strombedarfs durch Wasserkraft, Wind- und Solarstrom gedeckt werden. Der Rest verteilt sich auf fossile Rohstoffe, ab 2030 hoffen Tech-Konzerne auf den kommerziellen Einsatz von Mini-Atomkraftwerken (SMRs).
Die Emissionen steigen den IEA-Prognosen zufolge damit von derzeit weniger als 200 Megatonnen auf mehr als 300 Megatonnen CO2 im Jahr 2030. Trotz allem bleibt der Anteil der Rechenzentren am globalen Strombedarf und den Emissionen vergleichsweise überschaubar. Von aktuell 1,5 Prozent des Weltstroms wird sich der Anteil bis zum Ende des Jahrzehnts auf drei Prozent verdoppeln. Zu den globalen CO2-Emissionen werden die Rechenzentren damit aber weniger als ein Prozent beitragen.
Der Standard