
Die österreichische Papier- und Zellstoffindustrie sieht sich weiterhin mit hohen Kosten und Standortnachteilen konfrontiert. Zwar konnte die Branche 2024 ein Umsatzplus von 7,2 Prozent verzeichnen, der Einbruch um mehr als 22 Prozent aus dem Vorjahr wurde damit aber nicht ausgeglichen. Der Verband Austropapier fordert deshalb die Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030, um als besonders energieintensive Branche im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
Die Produktion stieg 2024 wieder um 13,7 Prozent auf 4,4 Millionen Tonnen, blieb aber ebenfalls unter dem Vorkrisenniveau. Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner verweist auf „massive Standortnachteile“ vor allem durch hohe Energieabgaben. „Die Energieintensität liegt im Branchenmittel zwischen 11 und 15 Prozent“, erklärte Austropapier-Geschäftsführerin Sigrid Eckhardt. „Die Papierindustrie ist damit die energieintensive Branche mit dem höchsten Anteil der Energiekosten im Vergleich zu anderen Branchen.“
87 Prozent Exportquote
Österreichs Papierbranche exportiert 87,2 Prozent ihrer Produktion, das sei deutlich mehr als der Industriedurchschnitt, sagte Eckhardt. „Der österreichische Markt ist für uns vernachlässigbar. Wir verstehen im europäischen Wettbewerb und wir stehen im internationalen Wettbewerb.“
Besonders kritisch sieht die Branche deshalb die Stromkosten im Vergleich zu Deutschland. Laut einer Studie des Austrian Institute of Technology sei ein oberösterreichischer Papierbetrieb im Vergleich zum benachbarten Bayern bei den Stromkosten um 50 Prozent schlechter gestellt, sagte Zahlbruckner. „Wir haben in Deutschland durchschnittliche Stromkosten von 8,8 Cent pro Kilowattstunde, während sie für unser Mitgliedsunternehmen in Oberösterreich 16,7 Cent pro Kilowattstunde betragen.“ Bei den Netzentgelten gebe es noch deutlichere Unterschiede. „Diese unterscheiden sich zwischen Oberösterreich und Bayern um 75 Prozent.“
„Zahlen zweimal in das ETS-System ein“
Darum fordert der Branchenverband Austropapier eine Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030. 17 Staaten in der EU würden diesen Mechanismus nützen, Österreich habe das bisher verabsäumt, sagte Zahlbruckner. „Im Grund zahlen wir als eine Industrie, die schon sehr weit ist mit der Elektrifizierung, zweimal ein in das ETS-System (EU-Emissionshandelssystem, Anm.) – einmal für den Strom, den wir beziehen, und zum zweiten Mal für den Strom, den wir konsumieren.“ Laut einem 2024 veröffentlichten Parlamentsbericht habe die österreichische Papierindustrie 375 Mio. Euro für ETS gezahlt und einmal 185 Mio. Euro zurückbekommen.
Trotz wirtschaftlicher Belastungen präsentierte Austropapier ein gemeinsames Klimaziel der Branche: Bis 2030 sollen laut Austropapier-Nachhaltigkeitssprecher Sebastian Heinzel die CO2-Emissionen um 43,5 Prozent gegenüber 2021 gesenkt werden. Damit ist die Papierindustrie nach eigenen Angaben die erste Industriesparte des Landes mit einem solchen Ziel. Erreicht werden soll das unter anderem durch Elektrifizierung, Effizienzsteigerung und den Umstieg auf grüne Gase. Auch CO2-Abscheidung und -Speicherung (BECCS/U) soll künftig verstärkt eingesetzt werden. „Die Papier- und Zellstoffindustrie ist bei der Dekarbonisierung auf einem sehr guten Weg“, sagte Gerwin Drexler-Schmid vom AIT. Die Branche habe sich nicht nur ambitionierte Ziele gesetzt, sondern auch die richtigen Maßnahmen, um sie zu erreichen. Die Recyclingquote der Branche liegt bei 86,9 Prozent, der Anteil erneuerbarer Energie in der Produktion bei 69,2 Prozent – der Rest ist hauptsächlich Erdgas.
APA