
Die Preiserhöhung des börsennotierten Stromanbieters Verbund vom 1. März 2023 hatte keine rechtliche Basis. Das urteilte der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem vom früheren Chef des Verbraucherschutzverbands (VSV), Peter Kolba, angestrengten Prozess. Der VSV will nun vom Verbund Rückzahlungen erwirken – oder allenfalls eine Sammelklage einbringen. Der Verbund verweist auf bereits geleistete Einmalzahlungen und prüft weitere Schritte.
Der Verbund hatte sich – wie andere Anbieter auch – darauf gestützt, dass der im Jänner 2022 in einem kurzfristigen Abänderungsantrag der Grünen neu geschaffene § 80 Abs 2a Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz (ElWOG) ein gesetzliches Preisänderungsrecht geschaffen habe, schreibt der VSV. Diesem Gesetzestext sei aber „eine gesetzliche Ermächtigung des Versorgers, die Tarife für bestehende Verträge zu ändern, nicht zu entnehmen“, heißt es in dem OGH-Urteil (8 Ob 115/24f). Vielmehr sei eine andere Vereinbarung, etwa in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), als Basis für eine Preisänderung nötig. Die AGB des Verbund seien aber nicht geeignet, eine einseitige Preisänderung durch das Unternehmen zu rechtfertigen, meint der OGH.
VSV fordert Rückerstattungen, will sonst klagen
VSV-Obfrau Daniela Holzinger-Vogtenhuber nennt die zusätzlichen Einnahmen des Stromkonzerns durch die Preiserhöhung „Unrechtsgewinne“ und will nun Gespräche mit dem Verbund über Rückerstattungen führen. Bisher vom Unternehmen geleistete pauschale Rückerstattungen seien viel zu niedrig. Beim VSV hätten sich „tausende Fälle“ mit Forderungen für eine Rückerstattung angesammelt. Eine Unterlassungsklage für die Zukunft habe der VSV bereits eingebracht, sollten die Gespräche über eine Kompensation von Stromkunden nicht zu einem Ergebnis führen, will der VSV auch eine „Abhilfeklage“ einbringen.
Der Verbund „bestätigt den Erhalt des Urteils und analysiert die weiteren Schritte, auch im Zusammenhang mit der Unterlassungsklage des VSV“, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens vom Mittwoch. Darin verweist der Verbund auch auf eine Vereinbarung mit der Arbeiterkammer Oberösterreich, wonach Betroffene der Preiserhöhung von 2023 je nach Verbrauchszahlungen Einmalzahlungen von 20 bis 85 Euro erhielten.
Auch Preiserhöhung von 2022 war unzulässig
Auch die Preiserhöhung des Verbund von 2022 war gerichtlich für unzulässig erklärt worden. Letztlich hat sich der Verbund deshalb im September 2024 mit dem VKI auf eine pauschale Abgeltung der zu viel bezahlten Beträge geeinigt. Damals gab es eine Rückerstattung von rund 90 Euro bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 3.300 kWh, erinnert der Verbund.
Wie die anderen Energieversorger auch, fordert der Verbund „klare Festlegungen für Preisänderungen, um Rechtssicherheit für Anbieter und Endverbraucher:innen gleichermaßen gewährleisten zu können“. Derzeit muss bei jeder Preisänderung die aktive Zustimmung der Kunden und Kundinnen eingeholt werden. Eine Neufassung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG), die Klarheit schaffen sollte, lässt aber auf sich warten.
APA