EU lockert Zügel für Gasspeicherziele

8. Mai 2025

Heute wird das EU-Parlament eine Verlängerung der Gas-Bevorratung beschließen. Von 90 auf 83 Prozent reduzierte Ziele sollen die Preisdynamik der Märkte brechen.

Schon 2021 waren die europäischen Energiepreise volatil und hatten hohe Werte erreicht – einer der Gründe waren die niedrigen Gasspeicherstände und daraus resultierend die Notwendigkeit aktueller Zukäufe. Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine verschärfte sich die Situation dramatisch. Europa wurde sich der Abhängigkeit russischer Gaslieferungen bewusst und reagierte sofort: Im Juni 2022 trat eine neue Gasspeicherverordnung in Kraft, die einen Füllstand von 90 Prozent bis zum 1. November jeden Jahres vorschrieb. Damit wurde die Energieversorgung über die Wintermonate sichergestellt.

Diese Verordnung läuft mit Ende 2025 aus, die EU-Kommission schlägt daher vor, sie um zwei Jahre bis Ende 2027 zu verlängern. Am Mittwochabend diskutierte das EU-Parlament in Straßburg mit dem zuständigen Energiekommissar Dan Jørgensen darüber; es wird erwartet, dass der Vorschlag bei der Abstimmung am Donnerstag angenommen wird. Allerdings mit Abstrichen. Die per Gesetz vorgegebenen Füllstandsziele hatten die Preisdynamik der Märkte ungünstig beeinflusst, nun sollen die Vorgaben gelockert werden. Der vom Energieausschuss vorgelegte Entwurf sieht vor, dass das vorgegebene Ziel von 90 auf 83 Prozent reduziert wird. Die Kommission kann darüber hinaus unter bestimmten Umständen eine weitere Reduktion um bis zu vier Prozent zulassen. Außerdem geht man vom Stichtag 1. November ab, stattdessen soll der Zeitraum von 1. Oktober bis 1. Dezember gelten.

Für den Fall, dass es zu „Marktstörungen“ oder „außergewöhnlich hoher Nachfrage“ kommt, ist auch ein Mindestfüllstand von nur 75 Prozent zugelassen – darunter geht es nicht. Nach dem Ende der Wintersaison sind die Gasspeicher in der EU derzeit immer noch zu 41,4 Prozent gefüllt, Österreich hält sogar bei 49,1 Prozent. Im EU-Parlament hebt man hervor, dass der Gasmarkt nach wie vor „sehr beengt“ sei, es gebe einen zunehmenden Wettbewerb im Flüssiggas-Bereich (LNG).

Die EU hat den USA signalisiert, in Zukunft deutlich mehr LNG abzunehmen, als bisher. Kritiker befürchten aber, dass damit neue Abhängigkeiten geschaffen werden. Erst am Dienstag hatte, wie berichtet, die Kommission einen Vorschlag für einen Rechtsrahmen vorgelegt, mit dem es den Mitgliedsländern möglich sein soll, bis 2027 aus gültigen Verträgen mit Russland auszusteigen. Allerdings gibt es dazu auch nicht wenige juristische Bedenken. Russische Kohle und Öltransporte auf dem Seeweg sind bereits mit Sanktionen belegt. Pipelinegas blieb bisher unbehelligt, weil Ungarn und die Slowakei weiterhin darauf setzen und blockieren. Auch russische Lieferungen über Drittländer sollen blockiert werden.

Energiekommissar Dan Jørgensen sprach von einer klaren Botschaft an Russland: „Ihr Gas wird verboten, Ihre Schattenflotte gestoppt.“ Russland dürfe die EU-Länder nicht länger erpressen. Die Maßnahmen seien wichtige Schritte auf dem Weg zur Energieunabhängigkeit, saubere eigene Energie solle mittelfristig die fossilen Brennstoffe völlig ersetzen.

von Andreas Lieb aus Straßburg

Kleine Zeitung