Keramische Materialien als mögliche „Gamechanger“

12. Mai 2025

Im Christian-Doppler-Labor an der TU Wien wird daran geforscht, wie sich Sauerstoffionenbatterien als neuartige Energiespeicher nutzen lassen.

Die Herausforderung bei erneuerbaren Energien ist, dass ihre Verfügbarkeit stark von der Tageszeit oder den Witterungsbedingungen abhängt. Strom wird dann produziert, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht. Wird der Strom aber nicht direkt zu diesem Zeitpunkt benötigt, bleibt er ungenutzt oder wird bestenfalls gespeichert. Aber auch durch Produktions- oder Nutzungsspitzen bedingte Schwankungen stellen Stromproduzenten und Netzbetreiber immer wieder vor Herausforderungen. Im Rahmen des Christian-Doppler(CD)-Labors für Sauerstoffionenbatterien arbeitet nun ein interdisziplinäres Team an der TU Wien gemeinsam mit dem Energieunternehmen Verbund an innovativen Speicherlösungen.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Batterien kommen Sauerstoffionenbatterien ohne die kritischen Elemente Lithium und Kobalt aus. Stattdessen werden hier reichlich vorkommende keramische Materialien verwendet, was auch geopolitische Abhängigkeiten reduziert. Hinzu kommt, dass Sauerstoffionenbatterien weder brennbar noch giftig sind. Gerade die Brennbarkeit aktuell verfügbarer Batterietypen (wie Natrium-Schwefel- oder auch Lithiumionenbatterien) ist für Großspeicher ein Knackpunkt. Während Lithiumbatterien gezielt für den mobilen Einsatz entwickelt wurden und entsprechende Anforderungen wie ein geringes Gewicht erfüllen müssen, können sich Speichersysteme für den stationären Einsatz von diesen Anforderungen lösen. Dies ist insbesondere für Energieversorger relevant, die einen Großteil der Energie aus erneuerbaren Quellen bereitstellen und mit stationären Großbatterien elektrische Energie von Zeiten hoher Produktion zu Zeiten hoher Nachfrage verschieben wollen.

Die Idee, keramische Materialien für Batterien zu verwenden, ist dabei eher durch Zufall entstanden, erinnert sich CD-Labor-Leiter Alexander Opitz: „Erst indem wir den Blickwinkel auf das von uns eigentlich für Brennstoff- und Elektrolysezellenanwendungen untersuchte Material geändert haben, haben wir gesehen, dass unsere Keramiken unter bestimmten Voraussetzungen eine ähnliche Kapazität wie herkömmliche Lithiumionenbatterie-Materialien aufweisen können. Das heißt, sie können eine ähnliche Menge Energie speichern.“

Sauerstoffionenbatterien funktionieren, indem Leerstellen im speichernden Elektrodenmaterial mit Sauerstoffionen gefüllt werden. Dabei wird der Sauerstoff aber nicht mit der Atmosphäre ausgetauscht, sondern in Form von Oxid-Ionen zwischen den beiden Speicherelektroden der Zelle hin- und hergeschoben. Damit die neuartige Technologie funktioniert, muss sie von der Raumluft abgeschlossen und bei Temperaturen von 300 bis 500 Grad betrieben werden. Diese Temperatur ist notwendig, damit die Sauerstoffionen in den verwendeten keramischen Materialien ausreichend beweglich sind und von einer Elektrode zur anderen wandern können. Sind diese Randbedingungen erfüllt, dann ist der gesamte Prozess vollständig reversibel – das heißt, dass die Sauerstoffionen, die beim Laden der Batterie von der negativen zur positiven Elektrode verschoben wurden, beim Entladen wieder zurückwandern können. Dieser Prozess kann theoretisch beliebig oft wiederholt werden. Für die Anwendung als stationäre Speicherbatterie, die beispielsweise die mittäglichen Produktionsspitzen von Photovoltaik in die Abendstunden verschiebt, müsste dieses „Hin-und-her-Wandern“ von Sauerstoffionen zwischen den beiden Speicherelektroden der Zelle ein Mal pro Tag erfolgen. Kann die Energie nämlich nicht gespeichert werden, muss die Leistung von Kraftwerken bewusst reduziert werden, um die Stromnetze nicht zu überlasten. Dabei geht wertvolle Energie verloren, die später dringend gebraucht werden würde.

Neuartige Stromspeicher sind für den Ausbau erneuerbarer Energien daher von großer Bedeutung. Die Motivation ist folglich groß, die wissenschaftlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass Sauerstoffionenbatterien zu einer leistungsstarken sowie einfach herstell- und skalierbaren Alternative zu existierenden Batterietechnologien weiterentwickelt werden können. Neben Großspeichern für Stromerzeuger und Netzbetreiber selbst wäre auch der Einsatz für Heimspeicher denkbar.

Salzburger Nachrichten