
Energie. Bis 2030 soll Strom in Österreich rein aus erneuerbaren Quellen kommen. Wer einen Balkon hat, kann dazu einen Beitrag leisten und langfristig auch Geld sparen.
Heute kann (fast) jeder, der über einen eigenen Balkon verfügt, Kraftwerksbesitzer werden und Sonnenstrom ernten. Eine dafür nötige Photovoltaikanlage ist schon ab etwa 500 Euro erhältlich. Die rechtlichen und technischen Hürden für solche Kleinanlagen mit einer maximalen Leistung von 800Watt lassen sich meist einfach überspringen.
So genügt es für Wohnungseigentümer seit Herbst des Vorjahres, alle Miteigentümer rechtzeitig von der Installation der Anlage zu verständigen. Widerspricht innerhalb von zwei Monaten niemand mit einer triftigen Begründung, gilt das als Zustimmung. Anders ist das bei einer Mietwohnung. Hier muss der Vermieter selbst einer kleinen Balkonphotovoltaik ausdrücklich und schriftlich zustimmen. Das stellt aber immer seltener ein Problem dar: Wiener Wohnen erteilt Mietern von Gemeindebauwohnungen beispielsweise die Genehmigung, wenn das Balkonkraftwerk weder das Erscheinungsbild der Anlage stört noch Nachbarn beeinträchtigt. Ähnlich gehen viele Wohnbaugenossenschaften vor.
Eine Zustimmung des Netzbetreibers ist für den Betrieb der 800-Watt-Photovoltaik am Balkon nicht erforderlich. Die Anlage muss lediglich dem zuständigen Unternehmen gemeldet werden – digital am Kundenportal oder über ein dort zu findendes Formular. Anzugeben sind technische Daten der Module und des Wechselrichters. „Wir prüfen, ob der Stromzähler für die PV-Anlage geeignet ist, und installieren gegebenenfalls einen digitalen Zähler“, sagt Manuela Gutenbrunner von den Wiener Netzen. Zwei Wochen nach der Anmeldung kann die Anlage in Betrieb genommen werden – selbst, wenn bis dahin noch kein neuer Zähler installiert wurde. Den Nachteil hätte in diesem Fall der Energielieferant. Analoge Stromzähler drehen sich nämlich zurück, sobald elektrische Energie aus dem Balkonkraftwerk ins Netz eingespeist wird.
Ebenfalls einfach ist die Installation: „Grundsätzlich kann eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung bis zu 800 Watt selbst installiert und über Schuko-Stecker und Schuko-Steckdose an das Stromnetz angeschlossen werden“, erzählt Alfons Haber, Vorstand der E-Control. Zum Anschluss dürfe allerdings kein Verlängerungskabel verwendet werden. Wichtig sei, so der Experte, dass die Anlage über einen Konformitätsnachweis, also ein CE-Zeichen, verfüge. Damit werde zum Beispiel gewährleistet, dass das Balkonkraftwerk eine selbsttätig wirkende Netzentkupplung hat. Diese ist notwendig, wenn etwa im gesamten Haus der Strom für Leitungsarbeiten abgeschaltet wird. Ohne Netzentkupplung könnte die Energie aus den Paneelen am Balkon für den Elektriker lebensgefährlich sein. Aufgrund dieser Sicherheitseinrichtung liefert übrigens ein normales Balkonkraftwerk bei einem Blackout ebenfalls keine Energie.
Der Selbstmontage sind – obwohl sie im Prinzip einfach durchzuführen ist – in einer Mietwohnung mitunter Grenzen gesetzt: Der Vermieter kann auf Installation durch einen konzessionierten Elektriker bestehen. Bei einer Wohnung mit älterer Elektroinstallation, besonders bei Anlagen mit Schraubsicherungen, wird eine Überprüfung der Wohnungselektrik durch den Fachmann empfohlen: „Wichtig ist festzustellen, ob die Strombelastbarkeit der Leitungen und der Leitungsschutz, also die Sicherungen, der Wohnung genug Reserven für die Leistung des Balkonkraftwerks haben“, erklärt Haber.
Wie es sich lohnen kann
In welchem Zeitraum sich eine Kleinanlage amortisiert, hängt von mehreren Faktoren ab: Der Ausrichtung des Balkons bzw. der Paneele zur Sonne, den Sonnenstunden vor Ort, den Strompreisen und vor allem dem Stromverbrauch während des Tages. Eine gut ausgerichtete 800-Watt-Photovoltaik kann etwa bei 800Sonnenstunden im Jahr 640kWh Strom erzeugen. Bei einem Strompreis von 25 Cent wären das jährliche Einsparungen von circa 160 Euro und damit bei einem günstigen Anschaffungspreis eine Amortisationszeit von rund vier Jahren.
Allerdings ist diese Rechnung in vielen Fällen wohl nur graue Theorie, denn sie gilt nur dann, wenn die erzeugte Strommenge tatsächlich zur Gänze in der eigenen Wohnung verbraucht wird. Für den aus Balkonkraftwerken ins Netz eingespeisten Sonnenstrom gibt es nämlich keine Vergütung. Wer während des Tages unterwegs ist und zu Hause kaum Verbraucher in Betrieb hat, spendet den Strom quasi dem Energielieferanten. Anders schaut es aus, wenn tagsüber zum Beispiel eine Klimaanlage betrieben oder ein E-Auto geladen wird, regelmäßig mit Strom gekocht oder Waschmaschine und Geschirrspüler laufen.
Ist das nicht der Fall, hilft eine Batterie, mit der der Solarstrom für den Abend gespeichert werden kann. Die Kosten des Stromspeichers müssten aber bei der Amortisationsrechnung berücksichtigt werden. Ungeachtet aller Berechnungen ist die PV-Anlage am Balkon auf jeden Fall ein Beitrag für eine klimafreundlichere Zukunft – und das hat ja auch seinen Wert.
Serie: ESG und ImmobilienDas Immobilienressort widmet alle zwei Wochen einen Artikel dem Themenbereich Nachhaltigkeit bzw. ESG (Environmental, Social, Governance), konzentriert sich also auf die ökologische, soziale und wirtschaftliche Verantwortung der Bau- und Immobilienbranche. Am 24. Mai erscheint der nächste ESG-Artikel in Print und online unter:diepresse.com/immobilien/esg
von Wolfgang Pozsogar
Die Presse