
Grüne fordern Aus für Nord-Stream-Pipelines
Das Rohr, das Deutschland so viel Ärger bereitet hat, liegt ungenutzt auf dem Grund der Ostsee. Einen Meter breit, mehr als 1200 Kilometer lang. Nord Stream 2 sollte einst noch mehr billiges russisches Erdgas nach Deutschland bringen, doch wegen des Angriffskrieges auf die Ukraine ging das umstrittene Bauwerk nie in Betrieb.
Aber bleibt das auch so, wenn der Krieg in der Ukraine irgendwann mal ein Ende gefunden hat? Gedankenspiele darüber gibt es in den USA, in Russland und auch in Deutschland, manchmal sogar öffentlich.
„Natürlich kann dann auch wieder Gas fließen, vielleicht dieses Mal dann in einer Pipeline unter US-amerikanischer Kontrolle“, schrieb etwa der CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß auf LinkedIn.
Grüne sind alarmiert
Bei den Grünen, die Nord Stream 2 seit vielen Jahren kritisieren, blickt man alarmiert auf die Entwicklung. Am Donnerstag bringt die Bundestagsfraktion nun einen Antrag ein, um das Projekt dauerhaft stillzulegen. Die Bundesregierung müsse „alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um eine Inbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines“ auszuschließen, heißt es in dem Antrag, der dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt.
Darin erinnern die Grünen, dass Deutschlands Energieabhängigkeit von Russland die Kriegskasse des Kremls gefüllt hat. „Der russische Haushaltsüberschuss dank fossiler Rohstoffexporte machte die Finanzierung der russischen Vollinvasion 2022 überhaupt erst möglich“, heißt es in dem Antrag.
EU will Importstopp
Neben einer dauerhaften Stilllegung der verbliebenen Pipeline – Nord Stream 1 wurde bei einem bislang ungeklärten Anschlag beschädigt – fordern die Grünen, dass die neue Regierung den Plan der Europäischen Union unterstützt, bis spätestens Ende 2027 alle russischen Energieimporte nach Europa zu beenden. Auch zu anderen Autokratien sollte Schwarz-Rot die Energieabhängigkeiten weiter reduzieren und zudem eine „Gasunabhängigkeitsstrategie“ vorlegen.
Die Russlandpolitik von CDU und SPD sei für Europa sicherheitspolitisch gefährlich und für Deutschland extrem teuer sowie wirtschaftlich schädlich gewesen, machte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge deutlich. „In dieser neuen Koalition werden CDU und SPD jetzt beweisen müssen, dass die alte Russland-Connection nicht wieder den Kurs bestimmt“, sagte sie dem Tagesspiegel.
Sie kritisierte, dass Kanzler Friedrich Merz (CDU) bislang nur „halbherzige Floskeln“ zum Umgang mit Nord Stream 2 und den vereinzelten Forderungen aus seiner Partei formuliert habe. „Es braucht jetzt das klare und unmissverständliche Signal, dass Nord Stream 2 dauerhaft und endgültig nicht in Betrieb genommen wird. Hierzu muss die Bundesregierung alle notwendigen Maßnahmen ergreifen“, sagte Dröge.
Bereits am Dienstag hatte Dröge die Koalition gewarnt und etwa die Pläne der neuen Wirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) kritisiert, die in großem Umfang Gaskraftwerke ausschreiben will. „Damit wird natürlich der Bedarf erhöht, Gas auch wieder nach Deutschland zu importieren“, sagte Dröge.
Ausbau der Erneuerbaren
Auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD werden neue Energielieferungen aus Russland nicht explizit ausgeschlossen. Dort heißt es, man wolle die Energiepreise senken – auch mit langfristigen, diversifizierten und günstigen „Gaslieferverträgen mit internationalen Gasanbietern“.
Die Grünen fordern stattdessen, die Politik des früheren Wirtschaftsministers Robert Habeck fortzuführen und den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen. Zudem sollte Schwarz-Rot ein Gesetz zum Schutz der kritischen Infrastruktur beschließen – ein Vorhaben, das die Grünen jedoch schon in der Ampel-Regierung nicht mehr rechtzeitig hatten durchsetzen können.
Gegen „alte Russland-Connection“: Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge.
Zitat
Es braucht jetzt das klare Signal, dass Nord Stream 2 [?] endgültig nicht in Betrieb genommen wird.
Katharina Dröge, Grünen-Fraktionschefin
Der Tagesspiegel