Mitverdienen statt verhindern

22. Mai 2025

Ob Photovoltaik, Windräder oder Kleinwasserkraftwerke: Wenn sich Energieverbraucher und -produzenten zu Energiegemeinschaften zusammenschließen, profitieren alle. Mit Bürgerbeteiligungsmodellen lässt sich grüne Energie wiederum bei guter Verzinsung fördern.


Stolze 3,5 Prozent Verzinsung als Sonnenbonus jährlich bei einer Laufzeit von sieben Jahren: In Zeiten wie diesen ein lukratives Angebot, das erst Ende April im niederösterreichischen Sitzendorf den Bürgern ihrer Katastralgemeinde unterbreitet wurde. Insgesamt 60 Solarpaneele wurden zum Preis von jeweils 574 Euro angeboten, „zwei Drittel sind bereits vergeben“, berichtet Bürgermeister Florian Hinteregger nur wenige Tage später. Mit den drei PV-Anlagen samt Speicher, die auf der Kläranlage, der Freiwilligen Feuerwehr sowie dem Gemeindehaus Braunsdorf errichtet werden, soll bald mit einer Gesamtkapazität von 55 kWp Strom produziert werden. „Wir hätten die neue Anlage auch aus dem Gemeindebudget finanzieren können. Aber wir wollten unseren Bürgern etwas zurückgeben, schließlich verwalten wir auch ihr Geld“, erklärt Hinteregger die Motivation für das Bürgerbeteiligungsmodell, das in Niederösterreich „Sonnenkraftwerk“ genannt wird.


Es ist eine Win-win-Situation für alle: „Die Photovoltaikanlage entlastet über geringere Stromkosten das Gemeindebudget, man erhält Zinsen, und vor allem wird der Zusammenhalt in der Gemeinde gefördert“, schildert Herbert Greisberger, Geschäftsführer der Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich (ENU), die „Sonnenkraftwerke“ wie dieses mit viel Know-how unterstützt. Der gewünschte Nebeneffekt ist, „die Akzeptanz der Bevölkerung für die Energiewende zu erhöhen“, so Greisberger. Bürgerbeteiligungen werden meist als Sale-and-Lease-Back-Modell ausgestaltet, Investoren kaufen ein PV-Modul und vermieten es an den Betreiber gegen Bezahlung eines Zinses.


In wenigen Wochen ausverkauft
Doch auch Stromversorger bieten Bürgerbeteiligungsmodelle an. Wien Energie beispielsweise hat im November des Vorjahres bereits ihr 31. Bürger*innen-Solarkraftwerk in Zillingdorf eröffnet. Geboten wurde bei fünfjähriger Laufzeit ein jährlicher Mindestertrag von 1,53 Prozent plus variabler Mehrvergütung je nach Höhe der Sonnenstunden – das Angebot war in wenigen Wochen ausverkauft.


Aktuell zu haben sind dagegen drei Bürgerbeteiligungsprojekte bei Unser Kraftwerk (unserkraftwerk.at), ab 1.000 Euro Einsatz und einer jährlichen Vergütung von drei Prozent.


Eine besonders in den letzten beiden Jahren beliebt gewordene und auch finanziell interessante Alternative sind Energiegemeinschaften, von denen es grob gesagt drei Arten gibt. Entscheidet sich etwa eine Hausgemeinschaft für den Bau einer PV-Anlage am Dach, und der erzeugte Strom soll direkt an die teilnehmenden Haushalte verteilt werden, erhält man so nicht nur günstigen Strom, sondern es entfallen auch Netzentgelte und Abgaben, da dafür kein öffentliches Netz genutzt wird. Hier spricht man von einer gemeinschaftlichen Erzeugungsan -lage (GEA), „sie ist die günstigste Lösung“, bekräftigt Greisberger.


Tun sich dagegen über den Hausanschluss hinaus mehrere Stromproduzenten und -konsumenten zusammen (rein rechtlich genügen bereits zwei), und es wird ein Verein, eine Genossenschaft bzw. eine Kapitalgesellschaft gegründet, ist eine sogenannte Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG) entstanden. Wie die Statistik auf der nächsten Seite oben zeigt, gab es davon zum Stichtag 31. 1. 2025 bereits 3.180 österreichweit, was einen kräftigen Zuwachs von 83 Prozent in nur acht Monaten bedeutet.


Die Vorteile einer EEG: Einspeiser können sich über gesicherte Abnahmetarife freuen, die Abnehmer über fix vereinbarte, meist günstigere Energiepreise. Und wird mehr Strom benötigt, als die EEG gerade hergibt, kommt die Energie weiterhin vom üblichen Lieferanten. Sollte dagegen mehr produziert werden, als die Mitglieder gerade benötigen, wird der Rest wie gewohnt ins Netz eingespeist.


Geringere Netzkosten
Bei einer lokalen EEG schließen sich Mitglieder, die am gleichen Transformator hängen, zusammen, bei einer regionalen EEG solche, die am gleichen Umspannwerk hängen. Dabei erspart man sich in einer lokalen EEG noch stärker als bei der regionalen EEG Netzgebühren und Abgaben (üblicherweise mehr als die Hälfte). „Wichtiger ist in der Praxis aber, wie umfassend ich Energie aus der EEG beziehen kann. Je mehr Einspeiser dabei sind, desto besser. Und daher macht die regionale EEG oft mehr Sinn“, so Greisberger.


„Die genaue Netzkostenersparnis ist je nach Netzanbieter unterschiedlich. Bei Netz Oberösterreich handelt es sich aktuell um eine Ersparnis von 4,04 Cent pro Kilowattstunde netto“, beziffert Josef Gschwandtl, Obmann der regionalen Energiegemeinschaft Ennstal, die Ersparnis beträgt somit rund 44 Prozent der üblichen Kosten. Die EEG Ennstal zählt zu den ersten in Österreich bereits 2022 gegründeten Energiegemeinschaften und gilt heute als Best-Practice-Beispiel. „Ich war damals aufgrund meiner etwas größer konzipierten PV-Anlage bereits am Recherchieren, wie der Strom mit Nachbarn geteilt werden kann“, schildert Gschandtl. Damals wurde das noch neue Konzept der Energie gemeinschaften im Umweltausschuss von Großraming vorgestellt. Rasch wurde eine Arbeitsgruppe mit einer bunt gemischten Personengruppe gegründet, „um das Thema aus der Gemeindepolitik auszugliedern. Dadurch konnten wir auch Personen ohne Bezug zur Gemeindearbeit gewinnen“, erinnert sich Gschandtl.


Als er dann den Geschäftsführer des Windparks Laussa kennenlernte, wurde bald beschlossen, den Windpark aufzunehmen und die EEG auf den gesamten Versorgungsbereich des Umspannwerks Großraming auszuweiten. Heute verteilt sich der Betrieb der EEG Ennstal auf 15 Personen in acht Gemeinden – „ohne die Mitarbeit vieler Ehrenamtlicher wäre die EEG Ennstal in dieser Form nicht entstanden“, sagt Gschandtl. Im Moment zählt sie 629 Privathaushalte, 50 Unternehmen und zwei Gemeinden zu den Mitgliedern, neben 364 PV-Anlagen liefern die drei Windräder des Windparks Laussa und sieben Kleinwasserkraftwerke Strom.


Dass die EEG Ennstal auch Windräder und Wasserkraft dabei hat, ist der Idealfall. „Der Großteil wird nur mit Photovoltaik betrieben, da kommt man meist nicht über 30 Prozent Eigendeckungsanteil hinaus“, weiß Greisberger. Denn während PV-Anlagen in der Nacht und in den Wintermonaten schwächeln, können Kleinwasserkraft und Windräder durchgehend produzieren. Wesentlich erfolgreicher ist da die EEG Ennstal: „Im Jahr 2024 konnten wir 61,07 Prozent der von unseren Mitgliedern benötigten Energie selbst liefern“, bilanziert Gschandtl. Greisberger hat aber auch bei reinen PV-EEGs Hoffnung, dass sich der Autarkiegrad durch Speicherkäufe bald verbessern wird, „alleine 2024 ist die Anzahl von Speichern in Niederösterreich von 13.000 auf 29.200 gestiegen.“


Bürgerenergiegemeinschaften
Bürgerenergiegemeinschaften (BEGs) wurden erst 2023 eingeführt. Bei ihnen können sich die Mitglieder, Energieproduzenten wie -verbraucher, sogar österreichweit zusammenschließen, Ende Jänner gab es bereits 570 davon.


Ein prominentes Beispiel ist Thiem Energy von Ex-Tennisprofi Dominic Thiem in Partnerschaft mit Solah. Private Verbraucher können aktuell für zwölf Cent/kWh Strom beziehen. Innerhalb der BEG „wird aktiv von uns darauf geachtet, dass das Verhältnis zwischen Erzeuger und Verbraucher passt und die maximale erzeugte Menge an Strom abgenommen wird“, erklärt Moritz Thiem, Co-Founder von Thiem Energy.


Tipp: Einen Überblick über Energiegemeinschaften findet man auf energiegemeinschaften.gv.at/landkarte.

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