Ziel für Erneuerbaren-Ausbau in Gefahr

22. Mai 2025

Österreich muss die Erneuerbare-Energien-Richtlinie umsetzen, aber scheiterte bislang daran. Denn die Bundesländer kommen ihren Verpflichtungen nicht nach.

Die Europäische Union will bis 2050 klimaneutral werden, Österreich sogar noch zehn Jahre früher. Aber die Republik dürfte wesentliche Klimavorgaben der EU verpassen. Erst am Mittwoch hat Österreich erneut eine Frist versäumt. Das nächste Vertragsverletzungsverfahren droht.


Es geht um die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III). Sie verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten dazu, den Erneuerbaren-Ausbau voranzutreiben. Bis Mittwoch hätte Österreich jene Flächen ausweisen müssen, die sich besonders für den Erneuerbaren-Ausbau eignen. Doch die Republik lieferte nicht.


Für Brüssel ist der Erneuerbaren-Ausbau nicht nur eine klimapolitische Frage, sondern eine der Sicherheit, der Gesundheit und des Wirtschaftsstandorts. Die Sensibilität dafür ist seit der Energiepreiskrise infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine noch einmal gestiegen. Die EU schärfte deshalb die Ziele nach: Bis 2030 will die EU den Anteil der Erneuerbaren am Endverbrauch auf 42,5 Prozent hochschrauben. Derzeit steht sie bei 24,6 Prozent.


Umsetzungsradar
Damit die EU dieses Ziel schafft, hat sie ihren Mitgliedsstaaten klare Vorgaben gemacht. Die EU-Länder starten von verschiedenen Niveaus, daher fallen die Ziele für die einzelnen Staaten unterschiedlich aus. Das Wasserkraftland Österreich hat vor allem im Stromsektor seit Jahrzehnten eine gute Ausgangslage, im Vorjahr deckte die Republik ihren Strombedarf bereits zu 87,5 Prozent mit Erneuerbaren. Allerdings umfasst der Gesamtenergiebedarf weit mehr als den Strom, dazu zählen auch die Bereiche Wärme, Verkehr und Industrie. Der Anteil der Erneuerbaren am Gesamtenergieverbrauch liegt hierzulande bei 40,8 Prozent. Die EU-Vorgabe für Österreich lautet: 57 Prozent saubere Energie bis 2030.


Für die Umsetzung der RED III hat die EU einen fixen Zeitplan erarbeitet. Österreich ließ mehrere Fristen verstreichen. Das geht aus dem „Umsetzungsradar“ hervor, den der Dachverband Erneuerbare Energie erstellen ließ. Um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, hätte Österreich etwa schon im Februar 2024 verankern müssen, dass der Erneuerbaren-Ausbau von „überragendem öffentlichem Interesse“ ist. Das ist bisher nur teilweise erfolgt.

Bundesländer säumig
„Österreich ist säumig, vor allem die Bundesländer“, kritisiert Florian Stangl, Experte für Energie- und Europarecht bei Niederhuber und Partner Rechtsanwälte, der den Umsetzungsradar ausgewertet hat. „Österreich verletzt damit EU-Recht.“
Zwar hat der Bund bereits erarbeitet, wo geeignete Flächen für den Erneuerbaren-Ausbau liegen. „Die Ausweisung konkreter Beschleunigungsgebiete fällt nunmehr in die Zuständigkeit der Bundesländer“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Das offenbart das politische Problem dahinter: Für die Umsetzung der EU-Richtlinie sind derzeit die Bundesländer verantwortlich, die das Thema bislang weitgehend ignoriert haben. Sollte Österreich das EU-Vertragsverletzungsverfahren verlieren, müsste aber die Republik die Strafzahlungen berappen, nicht die Länder.
Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des Erneuerbaren-Dachverbands, fordert, dass „der Bund das Steuer stärker in die Hand nimmt, um den gordischen Knoten zu lösen“. Die Republik müsste die Länder dabei unterschiedlich in die Pflicht nehmen. „Es ist erforderlich, dass einige Bundesländer mehr elektrische Energie erzeugen, als ihr Anteil am österreichischen Stromverbrauch ausmacht“, sagt Günter Pauritsch, Energieexperte der Österreichischen Energieagentur. „Das ergibt sich daraus, dass Bundesländer wie Wien mit extrem hoher Bevölkerungsdichte oder Oberösterreich wegen des hohen Industriestromverbrauchs ihren Stromverbrauch nicht durch eigene erneuerbare Erzeugung werden decken können.“


Leuchtturmprojekt
Gelingen könnte das dem Bund mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG). Die schwarz-rot-pinke Koalition bezeichnet es im Regierungsprogramm als „Leuchtturmprojekt“, bis Sommer sollte es umgesetzt werden. Aber hält der Zeitplan? „Das EABG befindet sich aktuell in Ausarbeitung, wir gehen davon aus, die regierungsinterne Koordinierung demnächst einleiten zu können“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.

Der Standard