
Die IG Windkraft geht davon aus, dass Oberösterreich sein selbst gestecktes Ziel, bis 2030 rund 1.000 GWh Windstrom zu erzeugen, klar verfehlen wird. Das realisierbare und bis 2030 umsetzbare Potenzial liege laut einer Analyse der Interessenvertretung bei 620 GWh und damit rund 40 Prozent hinter der Ankündigung, so Geschäftsführer Florian Maringer auf einer Pressekonferenz am Donnerstag. Er führt das u.a. auf zu optimistische Berechnungen und auf die Ausschlusszonen zurück.
In ihrer Analyse kommt die IG Windkraft zu dem Schluss, dass in die Berechnungen des Landes, was bis 2030 gebaut wird, auch Projekte eingeflossen seien, bei denen erst deutlich nach 2030 mit einer Genehmigung bzw. Umsetzung zu rechnen sei – weil die Verfahren Zeit brauchen, Beschleunigungszonen fehlen oder Netze nicht ausreichen. Neben dem Faktor Zeit würden aber auch umfangreiche Ausschlusszonen große Teile des Windkraft-Potenzials im Land blockieren. Oberösterreich werde bis 2030 wohl nur rund 60 Prozent der selbst gesteckten Ziele für „sauberen, sicheren und regionalen Strom“ schaffen, so Maringer, „selbst unter sehr optimistischen Annahmen wird unter diesen Rahmenbedingungen die heimische Energieunabhängigkeit gegenüber ausländischen Öl- und Gas-Diktaturen nicht erreicht werden“.
Kritik an geplanten Ausschlusszonen
Die RED-III-Richtlinie der EU verpflichtet die Staaten u.a. Beschleunigungsgebiete für den Ausbau erneuerbarer Energie festzulegen. Oberösterreich will aber zuerst eine Ausschlusszonenverordnung erlassen, in der Gebiete gekennzeichnet werden, in denen keine Windkraft- und freistehenden PV-Anlagen zugelassen werden. Erst danach sollen Vorrangzonen ausgewiesen werden, in denen keine UVP mehr nötig ist, und neutrale Zonen, wo Projekte individuell geprüft werden.
Kritiker monieren, dass die Ausschlusszonen – die Verordnung könnte demnächst beschlossen werden – laut RED-III-Richtlinie gar nicht nötig wären, man bei den Vorrangzonen aber hinterherhinke. Zudem kritisiert die IG Windkraft, dass den Ausschlusszonen ohne strategische Umweltprüfung einfach die fachliche Grundlage fehle. ÖVP und FPÖ wiederum verteidigen die Zonenplanung als Energieraumplanung. Die Zielwerte für den Windkraftausbau in Oberösterreich laut dem Nationalen Klima- u. Energieplan liegen bei 1.000 GWh bis 2030 bzw. 1.800 GWh bis 2040, bisher produzieren in Oberösterreich zehn Windparks insgesamt 116 GWh.
Zwei Projekte von Bevölkerung abgelehnt
Ende des Vorjahres wurden die Pläne des Landes vorgestellt: Demnach waren damals in Beschleunigungszonen bis zu 74 Windräder mit insgesamt 1.100 GWh Leistung geplant (Munderfing, Lohnsburg, Sternwald, Kobernaußerwald und Weilhartsforst), in neutralen Gebieten 35 Windräder mit insgesamt 485 GWh (Königswiesen, Schenkenfelden, Lachforst, Rainbach, Grünbach und Windhaag). Seither sind zwei Projekte – Grünbach und Schenkenfelden mit insgesamt rund 150 GWh – bereits wieder weggefallen, weil Volksabstimmungen dagegen ausgingen. „Damit klaffen Ziel und Realität immer weiter auseinander“, so Maringer.
Die IG Windkraft hält in Oberösterreich die geplanten Windparks Lohnsburg/Steiglberg, Kobernaußerwald, Sternwald bis 2030 für gut realisierbar. Diese Projekte befinden sich alle in Beschleunigungszonen und sind im UVP-Vorverfahren. Ebenfalls Chancen bis 2030 realisiert zu werden, hätten demnach drei Projekte in der neutralen Zone (Königswiesen, Lachforst, Schiffberg), wobei für Königswiesen bereits die UVP läuft. Diese sechs Projekte könnten insgesamt eine Leistung von 677 GWh schaffen. Wenn man davon ausgeht, dass einzelne Windräder im Verlauf der Genehmigung wegfallen könnten, kommt man laut IG Windkraft auf 620 GWh mit hoher Umsetzungswahrscheinlichkeit – und liegt damit um ca. 40 Prozent hinter dem Zielwert.
Sandl könnte Delta ausgleichen
Allein der Windpark Sandl, in den private Investoren 250 Mio. Euro stecken wollen, würde rund 400 GWh zusätzlich bringen und das Delta zum Zielwert ausgleichen. Dieses Projekt befindet sich derzeit in der UVP – allerdings auch in einer Ausschlusszone. Ob oder wie das Verfahren weitergehen darf, wenn demnächst die geplante Ausschlusszonenverordnung kommt, ist unklar. Der für die UVP zuständige Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) geht davon aus, dass man ansonsten in zweieinhalb Jahren zu bauen beginnen und 2030 Strom produzieren könnte. Dass dies unterbunden werden soll, kann er nicht nachvollziehen: „Der größte Windpark, der das geringste Konfliktpotenzial hat, wird verboten.“
Während in Sandl und auch beim Projekt Saurüssel (ebenfalls in einer Ausschlusszone) die Gemeinden dahinterstehen, sind in anderen Orten Volksbefragungen negativ ausgegangen oder Bürgerinitiativen machen gegen die Windkraft mobil. In Grünbach hatte sogar die ÖVP gegen den Windpark plakatiert. Volksentscheide seien zu akzeptieren, so Kaineder, „aber ich will, dass wir zumindest dort bauen, wo die Bevölkerung dafür ist“. Auch die IG Windkraft fordert eine rasche Überarbeitung der Gebietsausweisung, um umsetzungsreife und in der Region gewünschte Projekte wie Sandl oder Saurüssel realisieren zu können. Das Land brauche ein „klares politisches Commitment zur Unabhängigkeit von Öl- und Gasdiktaturen“, nur so könne man in dem Industriebundesland „sichere, saubere und regionale Energie zu stabilen Preisen“ und den Betrieben Planungssicherheit ermöglichen, sagt Maringer.
APA