
Der Branchenverband IG Windkraft hat die im neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) vorgesehene Spitzenkappung für Windenergie scharf kritisiert. Der Verband sieht darin eine „Zwangsbremse“, die dem Ausbau erneuerbarer Energie schade. Demnach könne bereits eine geringe Kappung zu hohen wirtschaftlichen Einbußen führen und die Umsetzung von Windkraftprojekten gefährden.
Die Spitzenkappung für Windenergie sei „weder energiewirtschaftlich noch technisch schlüssig zu rechtfertigen“, schreibt der Verband in einer Aussendung am Dienstag. Demnach sei die Maßnahme für PV-Anlagen auf Haushaltsebene (Niederspannungsnetz) entwickelt worden: Dort führe die Spitzenkappung zu verhältnismäßig geringen Energieverlusten, weil Spitzen zeitlich stark um die Mittagszeit gebündelt seien. In Niederspannungsnetzen komme es außerdem lokal schneller zu Überlastung, mit der Spitzenkappung könnten Kosten für den Netzausbau gespart werden, weil die Notwendigkeit der Überdimensionierung wegfällt.
Hohe wirtschaftliche Einbußen schon bei geringer Kappung
Windkraftanlagen würden unterdessen in Mittel- und Hochspannungsnetze einspeisen. Diese hätten mehr Puffer und Steuerungsmöglichkeiten, die Einspeisung großer Energiemengen sei hier immer schon üblich. Die Stromerzeugung aus Windkraft sei außerdem räumlich, zeitlich und technologisch stark verteilt. Bei Windkraftanlagen könne bereits eine geringe Kappung hohe wirtschaftliche Kosten für die Betreiber verursachen. Eine Kappung von 1 Prozent führt laut IG Windkraft zu einem Energieverlust von 10 Prozent. Gleichzeitig seien Windparks auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet, geringere Erlöse könnten daher unter anderem die Umsetzung von Projekten gefährden, weil die Finanzierung schwieriger wird.
„Aufgrund der völlig unterschiedlichen Bedingungen ist unklar, warum die Windenergie durch diese Maßnahme diskriminiert werden soll“, so der Branchenverband. Auch die unterschiedliche Behandlung von Wasserkraft und Gaskraftwerken kann die Branche nicht nachvollziehen.
Branchenverband fordert Ausnahmen
Der Branchenverband fordert unter anderem Ausnahmen von der Spitzenkappung für hybride, speicherintegrierte oder netzdienliche Anlagen, eine rechtliche Trennung zwischen Engpassmanagement und dauerhafter Kappung und eine gesetzlich festgeschriebene Unterscheidung nach Technologie und Netzebene. Außerdem sollen die Netzzugangsbedingungen für Bestandsanlagen nicht nachträglich geändert werden und das Verteilnetz soll, analog zum Übertragungsnetz, flexibler gesteuert werden.
Der zuständige Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) kann die Kritik an der Spitzenkappung für Windkraft nicht nachvollziehen und bezeichnete sie im Interview mit der Tageszeitung „Der Standard“ (Montagausgabe) als unangebrachte „Panikmache“. Die Spitzenkappung werde „nicht willkürlich entschieden, Daumen rauf oder runter. Sie folgt physikalischen Erfordernissen, um die Spitzenlast vom Netz zu nehmen und besser zu verteilen“, so der Minister. Der Kriterienkatalog dafür werde von der Regulierungsbehörde E-Control ausgearbeitet. Die Spitzenkappung gelte nur für die Erneuerbaren, weil diese aufgrund des Wetters „nun mal volatil“ seien. Gaskraftwerke hätten unterdessen die Aufgabe, schnell startbar zu sein, um einen akuten Bedarf zu decken.
APA