
Der durchgesickerte Gesetzesentwurf des seit vier Jahren erwarteten neuen Klimagesetzes des Landwirtschafts- und Umweltministers Norbert Totschnig (ÖVP) sorgt auch am Montag für Aufregung. Das Klimainstitut „Kontext“, die Klimaschutzaktivisten von „Fridays For Future“ und die NGO Greenpeace sparten nicht an Kritik. Im Entwurf fehle es an notwendigen verbindlichen Zielen. Im Ministerium hieß es, dass es noch keinen abgestimmten Gesetzesvorschlag der Koalition gebe.
„Der Entwurf des Klimagesetzes lässt die notwendige Klarheit und Verbindlichkeit vermissen. Nicht nur das zentrale Ziel der Klimaneutralität bis 2040 fehlt darin, sondern auch jährliche Sektorenziele, ein Sofortmaßnahmenprogramm, verbindliche Zeitläufe und Rechtsschutz scheinen im Entwurf nicht enthalten zu sein“, hieß es von Kontext-Vorständin, Katharina Rogenhofer. In dieser Form sei das Klimagesetz wirkungslos. „Entscheidend aber ist, was das Gesetz enthalten wird, wenn es nach der Koordination zwischen den Koalitionspartnern in Begutachtung geht.“
Gesetz scheiterte unter Türkis-Grün an ÖVP-Wirtschaftskreisen
Die Tageszeitung „Der Standard“ veröffentlichte am Wochenende den mit Ende Juni datierten Entwurf, der gegenüber dem seinerzeitigen Vorhaben aus der Ära Türkis-Grün deutlich abgespeckt war. Die damalige Klimaschutzministerin und aktuelle Grünen-Chefin Leonore Gewessler machte sich zu dem Zeitpunkt für ein starkes – damals noch so benanntes – Klimaschutzgesetz stark. Dies scheiterte aber am Widerstand aus ÖVP-Wirtschaftskreisen.
Vor allem die verbindlichen Emissionsreduktionspfade, eine Bindung auch für die Bundesländer sowie die als „Notbremse“ geplanten automatischen Steuererhöhungen etwa der Mineralölsteuer (MöSt), wenn Klimaziele verfehlt werden, sorgten für massiven ÖVP-Widerstand. Durch einen frühzeitigen Leak wurde das Gesetz damals durch seine Gegner torpediert.
Im neuen Entwurf des nun wieder aus der ÖVP stammenden Ministers sind Eckpunkte von damals ersatzlos gestrichen worden, berichtete der „Standard“: etwa Regeln zur internationalen Klimafinanzierung, der Rechtsschutz gegen zu lasche Klimapolitik oder Institutionen wie der „Klimarat der Bürgerinnen und Bürger“. Auch vom Plan, den bei Verfehlen der EU-Klimaziele drohenden milliardenteuren Zertifikatekauf aus dem Ausland mit allen Mitteln zu verhindern, soll abgegangen worden sein. Stattdessen soll eine neue Steuerungsgruppe genau diesen Kauf vorbereiten.
Scharfe Kritik von den „Fridays For Future“
Die Aktivisten der „Fridays Fot Future“ sahen am Montag ein Klimagesetz ohne Klimaschutz. „Als wäre nicht fatal genug, dass ein völkerrechtlich notwendiges Klimaschutzgesetz in Österreich seit vier Jahren fehlt, schlägt dieser Entwurf noch tiefer ein. Der Entwurf ist ein halbgares Klimagesetz ohne Verbindlichkeit, Rechtsschutz und Garantie für die Zukunft kommender Generationen“, hieß es in einer Aussendung. Der Aufprall am Boden der Realität sei nach großen Ankündigungen unter Klimaminister Totschnig umso härter. „Ein Gesetz ohne Verbindlichkeiten ist eine Erklärung der Arbeitsverweigerung, denn die Maßstäbe, an denen ein wirksames Klimagesetz gemessen werden könne, stünden wissenschaftlich längst fest“, sagte Laila Kriechbaum, Sprecherin von „Fridays For Future“.
Die Gruppe kündigte an, bei dem geplanten Auftritt von Totschnig am Mittwoch im Rahmen des Forum Alpbach zu protestieren.
Greenpeace sieht Verbesserungsbedarf
Für Greenpeace sei der Entwurf unbrauchbar und die NGO ortete dringenden Verbesserungsbedarf. Die Regierungsparteien müssten das Papier grundlegend überarbeiten, so der Appell. Beinahe alle Entscheidungen, wie etwa klare Reduktions- und Sektorziele, würden nicht im Gesetz verankert und sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt in einem „Klimafahrplan“ festgelegt werden. Doch auch dieser Plan solle rechtlich unverbindlich sein.
„Mit seinem Entwurf liefert Klimaminister Norbert Totschnig nur eine leere Hülle – ohne Zielpfad, ohne Ausstieg aus fossilen Energien, ohne klares Bekenntnis zur Klimaneutralität 2040. Stattdessen sieht das Gesetz den Handel mit brandgefährlichen Klimazertifikaten vor, was völlig fehl am Platz ist“, hieß es von Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace Österreich.
APA