CO2-Einlagerung kann Erhitzung nur um 0,7 Grad abfedern

3. September 2025, Wien/Laxenburg
CCS-Technologie gilt für viele als wichtiger Ansatz im Klimaschutz
 - Wien, APA/THEMENBILD

Am Verpressen von CO2 unter der Erde – vor allem bekannt als Carbon Capture and Storage (CCS) – scheiden sich die Geister. Während einige darin vielversprechende Möglichkeiten zum Verringern des Temperaturanstieges sehen, warnen seit Jahren andere Experten vor zu hohen Erwartungen und drohenden Problemen mit der Technologie. Klimaforscher legen nun eine Neuberechnung des Potenzials von CCS im Fachmagazin „Nature“ vor: Demnach sollte man sich nicht zu viel erhoffen.

Die CCS-Technologie gilt für viele Akteure als wichtiger Klimaschutzansatz in Bereichen, in denen Kohlendioxid (CO2) nicht gänzlich eingespart werden kann. Dabei soll das Treibhausgas entweder direkt aus der Luft entnommen oder am Entstehungsort, etwa einem Kraftwerk, abgeschieden und dauerhaft im Boden gelagert werden. Die Technologie ist jedoch komplex, bisher sehr teuer und verschlingt selbst wiederum viel Energie. Große Fragen gibt es überdies dazu, welche – möglichst ruhigen – geologischen Strukturen dafür tatsächlich geeignet wären, was mit dem Treibhausgas tief im Boden geschieht und ob es auch längerfristig dort verbleibt.

Neue Karten lassen Projektionen schrumpfen

Manche Schätzungen dazu, wie viel CO2 in Felsformationen von einem weiteren Anheizen des Klimawandels in der Atmosphäre abgehalten kann, gehen davon aus, dass die Technologie einen theoretischen Temperaturrückgang von bis zu sechs Grad Celsius bringen könnte. Unter der Leitung von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg (NÖ) hat sich eine internationale Gruppe daran gemacht, Karten mit Gegenden zu erstellen, wo CCS voraussichtlich sicher durchgeführt werden kann.

Man konzentrierte sich hier auf geologisch möglichst passende Strukturen, in denen durch das Verpressen vermutlich keine Erdbeben ausgelöst werden, wo Menschen eher nicht zu Schaden kämen, wenn viel CO2 unerwartet wieder entweicht, und wo u.a. nicht die Gefahr besteht, dass das Gas zum Beispiel Trinkwasser verseucht. Ausgeschlossen hatte das Team um Studien-Erstautor Matthew Gidden vom IIASA und der University of Maryland (USA) auch Meeresregionen, die schlichtweg zu tief für CCS liegen.

Weniger CCS-Potenzial auch in EU und Österreich?

Der neuen Analyse zufolge können in möglichst sicheren Bereichen an Land oder unter dem Meeresboden weltweit bis zum Jahr 2200 rund 1.460 Milliarden Tonnen CO2 mittels CCS eingelagert werden. Umgerechnet in Grad Celsius, um die so die fortschreitende Temperaturzunahme abgefedert werden könnte, kommen die Forschenden auf eine mögliche Reduktion von maximal ungefähr 0,7 Grad, wenn in Zukunft ein Punkt erreicht würde, wo mehr oder weniger keine neuen Emissionen dazukommen. Dieser Wert liegt also in etwa um das Zehnfache niedriger als in früheren Potenzialschätzungen, heißt es in einer Aussendung des IIASA.

In älteren Untersuchungen sei oft nicht berücksichtigt worden, ob durch das unterirdische Einlagern Ballungsräume oder Naturschutzgebiete beeinträchtigt werden könnten. Man zeige hier aber, dass es einen großen Unterschied zwischen dem, was technisch vielleicht möglich ist, und dem zu erwartenden Risiko für Mensch und Umwelt gibt. Wird das berücksichtigt, geht das CCS-Potenzial vor allem in Ländern wie Indien, Norwegen, Kanada bzw. in den Staaten der EU inklusive Österreich am markantesten gegenüber früheren Schätzungen zurück. CCS-Maßnahmen in größerem Stil machen laut der neuen Studie in Ländern Sinn, wo es viele stillgelegte Minen gibt. Dies sind etwa die USA, China, Russland, Brasilien oder Australien – alles Staaten, die historisch gesehen den Klimawandel überproportional befeuert haben und das auch weiter tun.

Sichere CCS-Optionen ebenfalls begrenzte Ressource

Für die beteiligten Forschenden stehen hinter der Technologie, die bereits seit rund 30 Jahren diskutiert und in kleinerem Rahmen auch umgesetzt wird, insgesamt noch viele Fragezeichen. So sei es bisher nicht gelungen, sie in größerem Maßstab umzusetzen. Außerdem sei offen, ob mit dem Entfernen und Verstecken von CO2 die globalen Durchschnittstemperaturen nach Erreichen eines Höhepunktes überhaupt wieder ausreichend abgesenkt werden können.

Für IIASA-Forscher Joeri Rogelj, einem der Co-Autoren der Analyse, stellt die Arbeit einen Wendepunkt in der Einschätzung von Carbon Capture and Storage dar: „Es kann nun nicht mehr als unbegrenzte Lösung angesehen werden, um unser Klima wieder in sichere Bereiche zu führen“, wird er zitiert. Sichere Orte, um die Technologie einzusetzen, seien vielmehr auch als begrenzte Ressource anzusehen.

(S E R V I C E – https://dx.doi.org/10.1038/s41586-025-09423-y )

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