Zweiter Verdächtiger des Anschlags auf Nord Stream in Polen festgenommen

1. Oktober 2025, Moskau/Warschau/Wien

Sabotage. Der flüchtige Wolodymyr S. soll nun doch in Gewahrsam sein. Um ihn hatte sich ein Streit zwischen Polen und Deutschland angebahnt.

In den frühen Morgenstunden in einem Vorort von Warschau soll die Flucht des Wolodymyr S. am Dienstag ein Ende gefunden haben. Polnische Ermittler sollen den ukrainischen Tauchlehrer festgenommen haben. Das sagt zumindest ein Anwalt, der mit der Vertretung des Mannes betraut wurde.

Die deutsche Generalbundesanwaltschaft äußerte sich vorerst nicht zu den Berichten. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Warschau bestätigte eine Festnahme – schwieg allerdings zur Identität des Verdächtigen. Dieser sollte am Dienstag erstmal einvernommen werden.

„Verfassungsfeindliche Sabotage“

Die erfolgte Festnahme ist die zweite innerhalb von weniger Wochen. Ende August trafen italienische Ermittler auf den 49-jährigen Ukrainer Serhii K., als dieser gerade mit seiner Familie in einem Badeort urlaubte. Ihm wird vorgeworfen, an der Sprengung der Gaspipelines Nord Stream vor drei Jahren beteiligt gewesen zu sein. Die deutsche Generalbundesanwaltschaft wirft ihm „gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, verfassungsfeindliche Sabotage sowie der Zerstörung von Bauwerken“ vor. Die deutschen Ermittler hatten per europäischen Haftbefehl nach K. fahnden lassen. Genauso, wie übrigens nach Wolodymyr S., der Tauchgänge rund um den Anschlag auf die russisch-deutsche Gasinfrastruktur durchgeführt haben soll.

Sollte der am Dienstagmorgen Festgenommene wirklich Wolodymyr S. sein, wäre das durchaus bemerkenswert. Denn die Fahndung nach dem Ukrainer hat eine Vorgeschichte: Er wird bereits seit Sommer 2024 per europäischen Haftbefehl gesucht. Doch bevor die polnischen Ermittler ihn ausfindig machen konnten, verschwand S. aus Polen.

Gerüchte über Flucht und Warnung

Laut deutschen Medienberichten soll er in einem Auto mit ukrainischem Diplomatenkennzeichen außer Landes gebracht worden sein. Polnische Beamte sollen gegenüber deutschen angegeben haben, Wolodymyr S. werde wegen seiner Taten in Polen als Held betrachtet, berichtete unter anderem der „Spiegel“. Aus deutschen Ermittlerkreisen wurde vermutet, S. könnte gewarnt worden sein. Die deutsche Generalbundesanwaltschaft ist die einzige Behörde eines EU-Landes, die derzeit versucht, die Täter zu finden.

Von Christoph Zotter

Die Presse