
„Inspire“-Tagung der Stromwirtschaft in Sankt Wolfgang: hochkarätiger Branchentreff
Bis 2030 soll der heimische Strom zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie stammen. Österreich liegt aktuell bei 85 Prozent. Das Stück Weg, das noch vor uns liegt, ist mühsam und steil. (Beim Gesamtenergieverbrauch ist es noch ein viel weiterer Weg.) Momentan liegt die Energiewende de facto auf Eis, nicht, weil Technik und Geld fehlten. „Die wahre Blockade sind das Fehlen der regulatorischen Grundlagen und die Bürokratie“, sagt Michael Sponring, Energieexperte des Unternehmensberaters PwC in Wien, der auch auf der von Verbund veranstalteten Fachtagung „Inspire“ in St. Wolfgang heute und Freitag einen Überblick über die Baustellen der Energiewende geben wird.
Wenn nicht möglichst rasch die dafür nötigen Gesetze wie das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) beschlossen werden, blicke das Land in eine „teure, instabile und schlecht gemanagte Energiezukunft“. Zum gesamten Begutachtungsentwurf wurden knapp 600 Stellungnahmen abgegeben, eine breite Debatte über Änderungen ist im Gang. In den nächsten Wochen will die Regierung das Gesetz mit Zweidrittelmehrheit vom Parlament beschließen lassen. So wehrt sich etwa die Windkraftbranche vehement gegen höhere Anschluss- und neue Netzgebühren, die den Strompreis für alle bis zu zehn Prozent erhöhen und neue Windanlagen verhindern würden.
Orchester braucht Dirigent
PwC machte heuer wie auch schon 2024 einen „Marktcheck Energiewende“ auf Basis von Experteninterviews. Die wichtigste Maßnahme, um die Energiewende rasch und gut umzusetzen, wäre laut Sponring, endlich das ElWG zu beschließen, notfalls auch in einer Version, die in zwei, drei Jahren novelliert werde, und Stromerzeuger und Kunden zu „orchestrieren“, also einen zentralen Dirigenten zu haben, der das Stromsystem bestmöglich steuert.
Das Stromnetz sei der „Flaschenhals der Energiewende“, weil das schwache Netz neue Wind- und PV-Anlagen verhindere und die Elektrifizierung von Verkehr und Industrie scheitern lasse. Die rund 24 Milliarden Euro Investitionsbedarf in die Verteilernetze bis 2030 bräuchten jedenfalls eine günstigere Finanzierung, denn Geld sei „der Treibstoff der Energiewende“.
Kritik an Förderkürzungen
Ein Hebel, der zu wenig genützt würde, sei die Steigerung der Energieeffizienz. Insofern sei die eben beschlossene Reduktion der zuvor üppigen Raus-aus-Öl-Förderung für den Heizungstausch „nicht gerade hilfreich“ für die Energiewende, so der Energieexperte. Drastischer formulierte das am Mittwoch Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne). Er kritisierte die Regierung, die „den Menschen und den Unternehmen in Österreich in den Rücken fällt und nebendrein die Erreichung der Klimaziele 2040 unmöglich macht.“ Beim Beispiel des Einbaus einer Wärmepumpe bedeute das, nicht wie bisher 23.000 Euro als maximale Förderpauschale zu bekommen, sondern nur noch 7500 Euro. Viele Haushalte könnten sich das nicht leisten, so Ines Vukajlovic, grüne Wohnbau- und Sozialsprecherin.
Auch wenn der Netzausbau dringlich sei, müsse die E-Wirtschaft den Blick von neuen Stromleitungen viel stärker auf höhere digitale Effizienz (etwa KI-Lösungen für Netzsteuerung) legen, rät Sponring. Weiters bräuchte die Energiewende Batteriespeicher in großer Zahl. Hier halten sich viele Investoren zurück, weil seit Jahren der sichere Rahmen eines Gesetzes fehle. „Hier sind durchaus Einsparungen bei den Kosten möglich.“
Auch eine fehlende Förderung für Batteriespeicher ohne PV-Anlage (Nachrüsten) wird als Hemmschuh für die Transformation der Stromwirtschaft kritisiert.
Oberösterreichische Nachrichten