
Bessere Koordination soll Netztarifanstieg 2026 in Grenzen halten
Der Herbst färbt nicht nur die Blätter bunt; in dieser Zeit laufen auch die Vorarbeiten zur Festlegung der neuen Netztarife auf Hochtouren. Nach dem Schock im Vorjahr, als die Netztarife für 2025 im Schnitt um 23,1 Prozent angehoben wurden – mit Ausreißern von mehr als 30 Prozent in Niederösterreich und Wien –, soll es 2026 gemäßigter zugehen.
Um die Kosten in Grenzen zu halten, will Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) nicht ausgeschöpftes Geld aus dem Ökostromtopf verwenden, um es mit den Kosten des Netzausbaus gegenzurechnen. Der Ökostromtopf wird durch Beiträge der Endverbraucher und -verbraucherinnen gespeist und dient zum Ausgleich der Differenz von Marktpreis und Erzeugungskosten von Wind- und Solaranlagen, die ins öffentliche Netz einspeisen.
85 Millionen Euro
Es geht um rund 85 Millionen Euro, die im laufenden Jahr nicht beansprucht wurden und in die Tarifkalkulation eingerechnet werden könnten. „Das liegt in meinem Ermessen“, sagte Hattmannsdorfer dem STANDARD am Rande des von Verbund in St. Wolfgang am Wolfgangsee ausgerichteten Energiekongresses „Inspire“, der am Freitag zu Ende geht. Längerfristig sollte eine bessere Koordinierung der Ausbaupläne insbesondere unter den Verteilnetzbetreibern, aber auch eine forcierte Digitalisierung als Voraussetzung für mehr Flexibilität im Netz die Kosten für den notwendigen Ausbau der Stromleitungen und anderer Infrastruktur dämpfen.
Einige wenige Netzbetreiber
Dem Wirtschaftsminister schwebt zudem vor, dass sich die vielen Verteilnetzbetreiber in Österreich „mit politischem Druck“ zu einigen wenigen zusammenschließen. Auch dadurch könnten Kosten gespart, die Effizienz erhöht und der Netzausbau besser koordiniert werden, glaubt Hattmannsdorfer, der an einer Regierungsvorlage für das Strommarktgesetz (ElWG) bastelt. Während für das Übertragungsnetz eine Gesellschaft verantwortlich ist – die Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG) – sind es auf der Niederspannungsebene in Österreich 114. Davon befinden sich rund ein Drittel in der Steiermark. Manche Unternehmen hätten über die Jahre ständig Geld herausgenommen statt zu investieren und stünden nun entsprechend schlecht da, sagen Kritiker, die sich von einer Zusammenlegung auch raschere Fortschritte bei der Digitalisierung versprechen.
Das Netzentgelt macht rund ein Drittel der Stromrechnung aus. Die Tarife werden nach einem gesetzlich geregelten Verfahren berechnet und sollen die tatsächlichen Kosten für Betrieb, Erhalt und Ausbau der Netze gerecht und effizient auf alle Nutzer verteilen. Rund ein Drittel der Stromrechnung macht der reine Energiepreis aus, ein Drittel entfällt auf Steuern und Abgaben.
Politik am Zug
Um die Preise kurzfristig nach unten zu bringen, sei die Politik am Zug, führte Verbund-Chef Michael Strugl einmal mehr aus: Durch Senkung der Steuern auf Energie. „Ich weiß, dass der Finanzminister das nicht gerne hört. Wenn ich sage, ich habe ein Gut, das mir zu teuer ist und ich schlage obendrauf die Elektrizitätsabgabe, die Gebrauchsabgabe, die erneuerbaren Förderbeiträge und on top noch 20 Prozent Umsatzsteuer, wie soll der Strom dann billiger werden,„ fragt sich Strugl. Das beste Mittel, um die Strompreise langfristig zu senken, sei ein Ausbau der inländischen Produktion. „Daran arbeiten wir“, sagte Strugl.
Der Standard