
Die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt haben bei den extremen Strompreisspitzen in Deutschland während sogenannter Dunkelflauten Ende 2024 keine illegalen Praktiken der großen Versorger entdeckt. Es gebe keine Hinweise auf eine kartellrechtswidrige Zurückhaltung von Erzeugungskapazitäten oder Marktmanipulation, teilten beide Behörden mit. Für die Zukunft sehen Netzagentur und Kartellamt aber einen dringenden Bedarf an neuen, steuerbaren Kraftwerkskapazitäten.
Die deutsche Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) setzt dafür vor allem auf Gaskraftwerke. Nach einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“ will die EU-Kommission nur für Kraftwerke mit einer Kapazität von 12 bis 12,5 Gigawatt grünes Licht geben. Reiche hatte dagegen „mindestens“ 20 Gigawatt als Ziel ausgegeben.
Als Dunkelflaute wird eine Wetterlage mit wenig Wind und geringer Sonneneinstrahlung bezeichnet. In diesen Phasen müssen teurere, steuerbare Kraftwerke wie etwa Gaskraftwerke einen größeren Teil der Stromversorgung übernehmen, was bei hoher Nachfrage zu Preissteigerungen führen kann. Im Stromgroßhandel waren die Preise im November und Dezember zeitweise auf über 300 Euro pro Megawattstunde gestiegen, in der Spitze auf mehr als 900 Euro. Im Durchschnitt lag der Preis 2024 bei rund 79 Euro.
Keine Hinweise auf missbräuchliche Zurückhaltung
„Unsere Ermittlungen haben keine Hinweise auf eine missbräuchliche Zurückhaltung von Erzeugungskapazitäten durch eines der fünf größten Stromerzeugungsunternehmen während der beiden Dunkelflauten Ende 2024 ergeben“, erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt. Die hohen Preise seien also nicht das Ergebnis kartellrechtswidrigen Verhaltens gewesen. Seine Behörde untersuchte den Einsatz der Kraftwerke der größten fünf Stromerzeuger EnBW, LEAG, RWE, Uniper und Vattenfall.
„Anhaltspunkte für Marktmanipulation haben wir bislang nicht festgestellt“, sagte auch der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Den Behörden zufolge entstanden die hohen Preise durch die Marktlage. Die sichere Stromversorgung sei jederzeit durch Reserven von 12 bis 13 Gigawatt gewährleistet gewesen.
Deutschland verhandelt mit EU-Kommission über Gaskraftwerke
Mundt sprach sich dafür aus, anstehende Ausschreibungen für neue steuerbare Kraftwerkskapazitäten zu nutzen, um die hohe Marktkonzentration im Erzeugermarkt zu verringern. Müller forderte, Angebot und Nachfrage stärker zu flexibilisieren.
Die deutsche Regierung verhandelt derzeit mit der EU-Kommission über die beihilferechtliche Genehmigung für den Bau neuer Gaskraftwerke. Da sie in Bereitschaft gehalten werden und nur bei Bedarf laufen sollen, muss ihr Betrieb mit öffentlichen Mitteln im womöglich zweistelligen Milliardenbereich gefördert werden.
APA/Reuters