US-Sanktionen mit Folgen für Lukoil in Österreich erwartet

24. Oktober 2025, Wien/Moskau
Vor rund drei Jahren entstand hier eine neue Lukoil-Zentrale in Wien
 - Wien, APA/ROLAND SCHLAGER

Die am Dienstag von den USA gegen den russischen Ölkonzern Lukoil verhängten Sanktionen dürften auch massive Auswirkungen für Konzerntöchter in Österreich haben. Das erklärte der auf Sanktionsfragen spezialisierte Wiener Anwalt Marc Lager in einem Telefonat mit der APA. Konsequenzen haben bereits Sponsorpartner gezogen: Nach dem Fußballklub Austria Wien informierte am Mittwoch auch der Österreichische Tennisverband über das Ende einer Sponsorvereinbarung mit dem Konzern.

Der Experte Lager ging am Mittwochnachmittag davon aus, dass österreichische oder europäische Banken in der nächsten Zeit ihre Geschäftsbeziehung zu in Österreich ansässigen Lukoil-Tochterfirmen beenden werden. „Wenn sie (Banken, Anm.) es nicht tun würden, würden Vertreter der US-amerikanischen Botschaft in Wien oder des US-Finanzministeriums Kontakt aufnehmen und nachdrücklich oder höflich darauf hinweisen, dass bei Aufrechterhaltung dieser Geschäftsbeziehung Maßnahmen gegen das betreffende Geldinstitut ergriffen würden“, sagte der Rechtsanwalt von der Wirtschaftskanzlei DLA Piper in Wien. In einer veröffentlichten Entscheidung des US-Finanzministeriums vom 22. Oktober ist von einer Frist bis 21. November die Rede, in der Geschäfte mit Lukoil sowie mit allen Mehrheitsbeteiligungen dieses Ölkonzerns abzuschließen sind.

„Sekundäre Sanktionen“ der USA für Banken gefährlich

Möglich sei dieses Vorgehen durch die große wirtschaftliche Bedeutung der USA, erläuterte Lager. Zwar würden die Sanktionsbeschlüsse des US-Finanzministeriums formal nur für US-Amerikaner sowie für Personen gelten, die einen sehr weit gefassten US-Bezug hätten. Wenn aber ein dem US-Recht nicht unterliegender Akteur signifikante Geschäfte mit von US-gelisteten Personen oder Firmen betreibe, könnten die USA „sekundäre Sanktionen“ auch über diesen Akteur verhängen. Und gerade Banken könnten sich nicht leisten, vom US-Finanzmarkt ausgesperrt zu werden.

Der Verlust der Bankverbindung würde für die betroffenen Firmen in Österreich bedeuten, dass sie inoperabel würden, kommentierte der Rechtsanwalt. Lukoil-Töchter mit Sitz in Wien ließen am Donnerstag schriftliche Anfragen der APA unbeantwortet und auch der Mutterkonzern in Moskau veröffentlichte zunächst keine Presseaussendung zu den US-Sanktionen. Auf der Homepage wurde am Donnerstag bloß vermerkt, dass eine für 23. Oktober geplante Vorstandssitzung „im Zusammenhang mit aufgetretenen Umständen“ verschoben worden sei.

Lukoil-Holding in Wien unterschätzte „Ukraine-Krise“

Der Lukoil-Konzern besitzt in Österreich sechs Gesellschaften mit beschränkter Haftung: Neben der im Schmiermittelgeschäft tätigen Lukoil Lubricants Europe GmbH, die ihren Sitz in Wien-Donaustadt hat und 2024 laut Wirtschaftscompass 142 Mitarbeiter beschäftigte, ist insbesondere die Lukoil International GmbH relevant, eine hundertprozentige Tochter des Mutterkonzerns OAO Lukoil in Moskau. Über diese österreichische Holdinggesellschaft, für die 2023 laut Wirtschaftscompass 67 Mitarbeiter tätig waren, kontrolliert der russische Ölkonzern knapp 30 Tochterfirmen in etwa 20 Staaten.

Zumindest in der Vergangenheit hat man in der erst kürzlich für 30 Mio. Euro umgebauten Zentrale der Holdinggesellschaft am Wiener Schwarzenbergplatz mit dem aktuellen Sanktionsszenario nicht gerechnet, mit dem die Administration von US-Präsident Donald Trump Moskau nunmehr explizit zu einem Waffenstillstand in der Ukraine auffordert: „Das Management sieht, basierend auf dem Geschäftsmodell der Gesellschaft, im Hinblick auf die aktuelle Ukraine-Krise keine beziehungsweise keine wesentlichen Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf der Gesellschaft im Jahr 2024 sowie keine Auswirkungen auf den Fortbestand der Gesellschaft“, heißt es etwa in einem mit 30. Dezember 2024 datierten Lagebericht für das Geschäftsjahr 2023.

APA