ElWG: Das geplante Stromgesetz ist kein großer Wurf, aber auch keine Katastrophe
Das Schlechteste am geplanten Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), das die Stromlandschaft in Österreich neu ordnen soll, ist sein Arbeitstitel. Die Neos und Energieminister Wolfgang Hattmannsdorfer haben in den vergangenen Tagen von einem „Billigstromgesetz“ gesprochen. Das ist nicht mehr als ein Marketingschmäh, weil er suggeriert, dass die Politik die Energiepreise per Gesetz senken kann. So einfach ist es allerdings nicht.
Die Reaktionen auf den vorliegenden Gesetzesentwurf, der auch der Zustimmung der Grünen oder der FPÖ bedarf, weil es sich um eine Zwei-Drittel-Materie handelt, sind bisher unterschiedlich. Die Vertreter der Erneuerbaren teilen mit, dass sie lieber kein ElWG hätten als dieses. Die Grünen, deren einstige Energieministerin selbst kein derartiges Gesetz zustande brachte und jetzt Parteichefin ist, stoßen in dasselbe Horn. Die großen Energiefirmen sowie Arbeiter- und Wirtschaftskammer geben sich kritisch, aber nicht grundsätzlich ablehnend.
Das Maß an Ablehnung und einige Argumente deuten zum Teil darauf hin, dass man noch Munition zum Nachverhandeln braucht. Es ist aber auch nicht so, dass der Entwurf eine einzige Katastrophe wäre.
Was ist davon zu halten, wenn man keine persönliche Agenda in diesem Zusammenhang hat? Johannes Reichl, wissenschaftlicher Leiter der Abteilung Energiewirtschaft des Energieinstituts an der JKU, sieht im Entwurf eine positive Entwicklung, weil der Fokus nicht eindimensional auf dem Ausbau der erneuerbaren Energieträger liegt, wie dies bisher meistens der Fall war. „Es geht jetzt auch um Versorgungssicherheit und die Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit. Denn das ist für die Wirtschaft immens wichtig. Europa und vor allem Österreich drohen durch hohe Energiekosten den Anschluss im internationalen Geschäft zu verlieren.“
Die Frage ist freilich, ob das Gesetz dazu beiträgt, dass Energie billiger wird. Beim Arbeitspreis sei Österreich doch sehr stark vom europäischen Gesamtmarkt abhängig. „Zu erwarten, dass sich dieser Preis nun erdrutschartig nach unten bewegt, ist unrealistisch“, sagt Reichl.
„Ein Kompromissgesetz“
Fritz Pöttinger, Chef der Energie Ried, sagt, eine deutliche Kostensenkung in diesem Bereich sei nur mit einem Aussetzen des Merit-Order-Mechanismus möglich, bei dem das teuerste Kraftwerk am Netz den Preis bestimmt. Da derzeit die Nachfrage schwächelt, gebe es eine Chance für eine Senkung. Ziehe die Nachfrage an, würde auch der Preis wieder steigen. Der vorliegende Entwurf sei freilich ein Kompromissgesetz, von dem keine großen Preissenkungen zu erwarten seien, sagt Pöttinger zu den OÖNachrichten.
Während die Vertreter der Erneuerbaren im Umstand, dass Stromerzeuger für die Einspeisung zahlen müssen, eine Stromverteuerung sehen, sagt Pöttinger, diese Branche sei von hohen Förderungen verwöhnt gewesen. Dass es Spitzenkappungen geben wird, um das Netz zu entlasten, sei wichtig.
Reichl begrüßt zudem, dass es wichtiger und auch lukrativer wird, bewusster Strom zu verbrauchen und ins Netz einzuspeisen. Selbst kleine finanzielle Anreize würden einen Lenkungseffekt haben. „Derzeit zahlen sich Home Automation und Lademanagement noch nicht wirklich aus.“ Dass die Kosten für die Netze steigen, sei wahrscheinlich. Allerdings könne das geplante Gesetz dazu beitragen, dass die Kosten nicht so stark steigen wie befürchtet.
Das Gesetz sieht auch einen Sozialtarif von sechs Cent für die Kilowattstunde bis zu einem Jahresverbrauch von 2900 kWh vor. Das wiederum ruft bei den Stromfirmen Irritation hervor, weil dies ihren Gewinn schmälert, den sie für den Ausbau der Stromerzeugung bräuchten.
Auch die Vorgabe, dass Stromversorger leistbaren Strom als Unternehmensmaxime haben sollten, ruft bei manchen Kopfschütteln hervor. Wie soll das durchgesetzt werden? Was sagen die nichtstaatlichen Miteigentümer dazu? Das wäre ja eine Teilenteignung.
Es muss also noch einiges geklärt werden bei diesem Gesetz. Das betrifft nicht nur den billigen Marketingschmäh.
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