NGO kritisiert fossile Finanzierungen bei Erste und RBI

4. Dezember 2025, Wien

Trotz ambitionierter Klimaziele der EU finanzieren Banken in Österreich weiter Unternehmen im fossilen Sektor. Das ist der NGO urgewald ein Dorn im Auge. In einer Analyse hat sie die Erste Group und Raiffeisen Bank International (RBI) unter die Lupe genommen. Urgewald kritisiert vor allem die Finanzierung von Firmen, die ihre fossilen Aktivitäten ausbauen. Die beiden Banken verteidigen ihre Guidelines, sie können zudem die Zahlen der NGO nicht nachvollziehen.

„Neue fossile Projekte zu verhindern ist die einfachste, billigste und wirksamste Möglichkeit, um CO2-Emissionen einzusparen“, heißt es in der am Donnerstag veröffentlichten Studie von urgewald. Banken käme hier eine wichtige Rolle zu, da sie über die Unternehmensfinanzierung indirekt die Geschwindigkeit der Transformation mitbestimmen, so die NGO. Generell gebe es eine große Lücke zwischen dem, was die weltweiten Regierungen bis 2030 an Produktion fossiler Brennstoffe planen und dem, was mit dem weltweiten 1,5-Grad-Ziel vereinbar ist. Die Pläne übersteigen laut urgewald das verfügbare CO2-Budget für das 1,5-Grad-Ziel um 120 Prozent. Expansionspläne von Unternehmen seien in dieser Rechnung noch gar nicht enthalten.

NGO: Fossile Expansion als Problem

Sowohl Erste Group als auch RBI hätten zwar Richtlinien und auch Ausschlusskriterien für den fossilen Sektor festgelegt, für die fossile Expansion gebe es jedoch keine ausreichenden Guidelines. „Weder in den derzeitigen Empfehlungen bzw. Auflagen der Aufsichtsbehörden noch in den Selbstverpflichtungen der Banken wird die Ausweitung des Kohle-, Öl- und Gasgeschäfts adäquat adressiert“, kritisiert die Umweltorganisation. Weiters werde vor allem die fossile Projektfinanzierung reguliert, die allgemeine Unternehmensfinanzierung jedoch nicht. Projektfinanzierungen machten jedoch nur einen sehr kleinen Teil der Finanzierungen aus, über 90 Prozent entfielen auf Unternehmensfinanzierungen.

Von den beiden Banken fordert die NGO, dass Unternehmen, die ihr fossiles Geschäft ausbauen, „zur roten Linie“ werden, also keine Finanzierungen mehr bekommen und keine neuen Investitionen in solche Firmen getätigt werden. Zudem sollten klare Ausstiegspläne bzw. Transitionspläne fossiler Unternehmen Voraussetzung für eine Finanzierung sein. Die Ausweitung des fossilen Geschäfts könne jedoch durch einen Transitionsplan nicht gerechtfertigt werden, so urgewald.

Banken verteidigen Richtlinien, Zahlen nicht nachvollziehbar

Die beiden Banken verteidigten ihre Richtlinien. „Die RBI hält bei allen ihren Geschäften ihren Code of Conduct, ihre Oil & Gas Policy sowie ihre Coal Policy ein“, schreibt die Bank auf APA-Anfrage in einem Statement. Man habe einen Transitionspfad für das eigene Geschäft und Portfolio „mit konkreten CO2 Dekarbonisierungszielen“ aufgestellt. Zudem gebe es ein Nachhaltigkeitsstatement der Bank sowie regelmäßige Bewertungen durch Ratingagenturen und Aufsichtsbehörden.

Zudem umfasse der Datensatz auch Unternehmen aus dem Bereich Transport, Verteilung, Lagerung und Handel, die nur indirekt mit fossilen Brennstoffen beschäftigt sind. „Viele dieser diversifizierten Energieunternehmen haben bereits klare ESG Übergangspläne vorgelegt, die in ihrem Nachhaltigkeitsbericht ordnungsgemäß kommuniziert werden und in die Kreditentscheidungen der RBI mit einfließen“, so die Bank.

Für die Erste Group sind die von der NGO herangezogenen Zahlen nicht nachvollziehbar, sie kommentiert diese daher nicht. „Wir bitten zudem um Verständnis, dass wir an das Bankgeheimnis gebunden sind und daher auch keine Auskünfte zu einzelnen Kund:innen oder Transaktionen geben können,“ schreibt die Bank in einem Statement an die APA.

Zudem sei die Veranlagung der Bank in Öl- und Gas in Relation zum Gesamtportfolio zu betrachten. „Das Öl- und Gas-Exposure der Erste Group belief sich im dritten Quartal 2025 auf lediglich 1,2 Prozent des Gesamtportfolios.“ Das umfasse die gesamte Wertschöpfungskette. Im Kohlesektor gebe es kein direktes Exposure, indirekt liege es bei 0,1 Prozent des Gesamtportfolios. „Fossile Energien stellen somit keinen strategischen Schwerpunkt dar“, so die Bank. Man bekenne sich klar zum Ausbau für erneuerbare Energie und leiste einen aktiven Beitrag zur grünen Transformation.

Urgewald: Finanzierungen in Höhe von 7,7 Mrd. Dollar

Laut der Analyse beliefen sich die Finanzierungen fossiler Unternehmen der beiden Banken im Zeitraum zwischen 2022 und 2024 auf 7,7 Mrd. US-Dollar (umgerechnet 6,66 Mrd. Euro). 4,2 Mrd. Dollar davon entfielen auf die Erste Group und 3,5 Mrd. Dollar auf die RBI. Der Anstieg zwischen 2022 und 2024 liege bei der RBI bei 52 Prozent, bei der Erste Group sogar bei 95 Prozent. Expandierende fossile Unternehmen bekämen einen großen Teil dieser Finanzierungen, bei der Erste Group seien es 2,5 Mrd. Dollar, bei der RBI 1,7 Mrd. Dollar. Der Trend sei auch hier steigend, bei der Erste Group liege das Plus zwischen 2022 und 2024 bei 94 Prozent, bei der RBI bei 68 Prozent. Zu den größten Empfängern der Finanzierungen durch die beiden Banken gehörten Romgaz, OMV Petrom, MOL, Orlen und Vitol.

Berechnet wurden die Finanzierungen folgendermaßen: Für jedes Unternehmen wurde ein „Adjuster“ festgelegt, der den Anteil des fossilen Geschäfts am Gesamtgeschäft einer Firma reflektiert. Jede Finanzierung wird mit diesem Adjuster bewertet. Wurde für eine Firma zum Beispiel ein Adjuster von 20 Prozent bestimmt, wird ein Kredit von 100 Mio. Dollar an das Unternehmen mit 20 Mio. Dollar ausgewiesen. Als fossiles Unternehmen wird jedes Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette der Kohle-, Öl- und Gasindustrie betrachtet. Die Basisdaten für die Finanzierungen stammen aus der Recherche zum „Banking on Climate Chaos“-Bericht, den mehrere NGOs gemeinsam erstellen und der zuletzt im Juni 2025 veröffentlicht wurde.

Auch die Investments der beiden Banken in fossile Unternehmen via Fonds wurden untersucht. Laut der Analyse hält die Erste Group 433 Mio. Euro in Aktien und Anleihen an expandierenden Öl- und Gasunternehmen und Kohleunternehmen ohne „Paris-kompatibles Ausstiegsdatum“. Bei der RBI seien es 232 Mio. Euro. Untersucht wurden nur Investments in aktiv verwalteten Publikumsfonds.

APA