„Die Bibel für die E-Wirtschaft, aber kein Billigstromgesetz“

18. Dezember 2025, Linz

Energie-AG-Chef Leonhard Schitter über das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und billigen Strom

Warum Energie-AG-Chef Leonhard Schitter trotz rückläufigem Ergebnis mehr investieren will und warum er das neue, jetzt doch noch im Nationalrat beschlossene Stromgesetz für wichtig hält, erklärt er im OÖN-Gespräch.


OÖNachrichten: Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) wird von Beobachtern ambivalent gesehen. Sie begrüßen es explizit. Warum?
Leonhard Schitter: Kein ElWG zu haben, wäre eine schlechte Alternative gewesen. Es wären unklare Zuständigkeiten geblieben. Das neue Gesetz macht den Weg frei für mehr Erneuerbare, mehr Speicher und eine schnellere Energiewende. Das Gesetz ist die Bibel bzw. das Betriebssystem für die Energiewirtschaft und meiner Meinung nach kein Billigstromgesetz.


Strom wird durch das Gesetz nicht billiger?

Es ist ein Boost für Erneuerbare, Energiegemeinschaften, aber Strom allein wird unmittelbar nicht billiger. Es ist jedoch ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit.


Die Besitzer von PV-Anlagen bis 20 kW müssen für Stromeinspeisung nichts bezahlen. Sie waren immer ein Verfechter dessen, dass jeder für die Benutzung der Netze zahlen muss. Wer übernimmt diese Kosten jetzt?
Grundsätzlich sollten jene, die die Netze nutzen, wie auf den Autobahnen, dafür zahlen. Es ist aber richtig, wie es gemacht wurde, weil Private Anreize haben, in Erneuerbare zu investieren.


Im Mühlviertel erhofft sich die IG Erdkabel, die gegen die 110-kV-Freileitung kämpft, durch das neue ElWG einen Schwenk. Wird die Leitung doch unter der Erde verlegt?
Die Umweltverträglichkeit wird aktuell geprüft, wir erwarten den Bescheid in den nächsten Wochen. Infrastruktur muss wirtschaftlich sein, um Wohlstand zu sichern. Und manchmal wird sie auch sichtbar sein. Die Leitung im Mühlviertel ist für die Versorgung der Region und die Aufnahme erneuerbarer Energie wichtig.


Inwieweit beeinflusst das Gesetz die Investitionstätigkeit der Energie AG?
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis 2035 vier Milliarden Euro zu investieren: zwei Milliarden in den Ausbau der Erneuerbaren wie das Pumpspeicherkraftwerk Ebensee oder das Wasserkraftwerk Traunfall, und zwei Milliarden Euro in die Netze. Das ist Standortpolitik, wichtig für die Region und macht uns unabhängiger vom Ausland.
Die Energieversorger sollen viel Gewinn machen, um Dividenden abzuliefern und die Erneuerbaren auszubauen.

Gleichzeitig sollen sie den Preis senken. Wie geht es Ihnen, wenn Sie die eierlegende Wollmilchsau spielen sollen?
Der Erneuerbaren-Ausbau macht uns unabhängiger, Strom mittelfristig billiger und schafft ein in sich geschlossenes System, das den Standort sicherer macht, weil Energiepolitik auch Sicherheitspolitik ist.


Die Anbieter sollen sinkende Preise unmittelbar weitergeben. Stromeinkauf funktioniert aber langfristiger. Wie soll das funktionieren?
Wir haben seit 2023 bereits drei Mal den Strompreis gesenkt und sind jetzt einer der billigsten Landesenergieversorger Österreichs. Die Preisgarantie des Tarifs „Ökostrom Loyal“ mit 14,90 Cent/kWh brutto wird nun bis Ende 2026 verlängert. Wir beschaffen in Tranchen auf 20 Monate, um so optimale Preise zu erzielen. Preisreduktion geben wir, wann immer möglich, an die Kunden weiter. Für die Zukunft sieht das ElWG eine sechsmonatige Frist vor.


Wie viele Windanlagen wird die Energie AG in Oberösterreich bauen?
Unser Ziel ist, dass wir bis 2035 1,2 Terawattstunden an Erneuerbaren dazubauen. Das ist mehr als die Hälfte der jetzigen Produktion von Wind, Wasser, PV und Biomasse. Wir eröffnen laufend PV-Anlagen. Beim Wind sind wir zum Beispiel im Kobernaußerwald aktiv.

Da hängt der Bau von der Zustimmung des Bundesheers ab, weil es um Flugzonen geht.
Wir sind in guten Gesprächen mit dem österreichischen Bundesheer und hoffen auf ein Ergebnis in den nächsten Wochen. Wir werden die Windkraft weiter forcieren und haben noch weitere Projekte in Oberösterreich in Evaluierung. Über Details möchte ich noch nicht sprechen.


Das größte Projekt ist das Kraftwerk Ebensee. Werden Sie die Kosten und den Zeitplan halten können?
Die Kosten von 500 Millionen Euro werden gehalten, auch wenn der Berg immer wieder Herausforderungen parat hat. Nach den Verzögerungen durch das Austrocknen zusätzlicher Betonierarbeiten werden wir 2028 in Betrieb gehen. Wir investieren aber auch in Großbatteriespeicher. Mit 5 MW installierter Leistung entsteht in Timelkam der größte Batteriespeicher Oberösterreichs.


Bei Berneggers Pumpspeicher in Molln werden Sie nicht investieren?
Wir sind mit der Arbeit an Ebensee voll ausgelastet.

Die Wasserführung bei Ihren Kraftwerken war heuer geringer als 2024. Das bedeutet weniger Gewinn für die Energie AG. Heißt das auch: Rückgang der Investitionen?
Nein, wir peilen nach den Rekordinvestitionen im abgelaufenen Geschäftsjahr einen neuerlichen Rekord an. Auch in Zeiten, in denen es rauer wird.
Die Preise würden sinken, wenn es einen EU-Binnenmarkt gäbe.
Das wäre erstrebenswert, scheitert vorerst aber an individuellen nationalen Interessen Frankreichs.

Oberösterreichische Nachrichten