Der französische Senat hat am Dienstag für einen beschleunigten Bau von Atomkraftwerken gestimmt. Mit 239 zu 16 Stimmen verabschiedete das Oberhaus des französischen Parlaments in erster Lesung einen entsprechenden Gesetzentwurf. Die Senatoren strichen dabei auch das offizielle Ziel Frankreichs, den Anteil des Atomstroms von derzeit 70 auf 50 Prozent bis 2035 zu reduzieren und legten fest, dass ein Dekret über die vorgesehene Schließung von zwölf Reaktoren zu überprüfen sei.
„Es geht darum, keine Zeit zu verlieren“, hatte Energieministerin Agnès Pannier-Runacher zum Auftakt der Debatte gesagt. Nach dem geplanten Gesetz kann bereits an Nebengebäude eines Reaktors gebaut werden, während die öffentliche Diskussion über das Bauvorhaben noch läuft.
Für den Bau neuer Reaktoren sind künftig keine Genehmigungen der kommunalen Ebene mehr nötig, da der Staat über die Einhaltung der Standards wachen soll. Dies bedeute nicht, dass die Sicherheit, der Schutz der Artenvielfalt oder die öffentliche Mitsprache eingeschränkt würden, sagte die Ministerin.
Der frühere französische Präsident François Hollande hatte 2015 durchgesetzt, dass Frankreich den Anteil des Atomstroms auf 50 Prozent verringern sollte. Dafür sollten 14 Atomkraftwerke vom Netz genommen werden. Tatsächlich wurden die beiden ältesten Atomreaktoren in Fessenheim abgeschaltet.
Präsident Emmanuel Macron hatte jedoch vor einem Jahr die Strategie geändert und den Bau von bis zu 14 neuen Atomreaktoren angekündigt. Sie sollen dem bisher einzigen und noch immer im Bau befindlichen EPR-Reaktor in Flamanville ähneln, aber einen vereinfachten Bauplan haben.
Die neuen Reaktoren sollen jeweils paarweise am Standort bereits bestehender Atomkraftwerke gebaut werden. Die ersten beiden sollen in Penly entstehen, die folgenden beiden in Gravelines, jeweils an der Küste des Ärmelkanals.
Das Gesetz geht im März in die Nationalversammlung, die den Text ihrerseits noch abändern kann. Jedoch rief der Text schon jetzt starke Reaktionen hervor. Der französische Zweig der Umweltorganisation Greenpeace nannte die von den Senatoren eingebrachten Änderungen „skandalös“. Später im Jahr steht außerdem noch ein Gesetz über die großen Linien der Energiepolitik an.
APA/ag