Wifo kritisiert, dass es kaum staatliche Auflagen für Energieeinsparung gibt
Eigentlich hätten die Fördermittel sozial schwächeren Haushalten und exponierten Unternehmen dabei helfen sollen, mit den enorm gestiegenen Energiepreisen fertigzuwerden. Doch die Vergabe der temporären Mittel ging weit darüber hinaus, kritisiert Wifo-Ökonomin Daniela Kletzan. Sie hat eine Wifo-Studie zu den Hilfszahlungen aktualisiert. Ergebnis: Österreich steckt über 14,5 Milliarden Euro in klimaschädliche Subventionen.
Den größten Posten in der Liste der vielen Zahlungen belegt der Energiekostenzuschuss für Unternehmen. Problematisch sei daran vor allem, dass es im Gegenzug für die vielen Milliarden kaum Auflagen zu mehr Energieeffizienz gebe, erklärt Kletzan. „Es wäre möglich gewesen, die Gaspreis- und die Klimakrise gleichzeitig in Angriff zu nehmen. Das wurde verabsäumt.“
Die Subventionen lassen den Energieverbrauch – und damit auch die Emissionen – steigen, so die Ökonomin weiter. Das schlägt sich auch auf den CO₂-Ausstoß Österreichs in kommenden Jahren: Laut Wifo werden die Emissionen 2024 wieder leicht in die Höhe gehen. Damit Österreich aber das Ziel erreichen kann, bis 2040 klimaneutral zu sein, müssten die Emissionen bereits massiv fallen. Ohne verbindliche Einsparungen ist das wohl kaum mehr möglich. (red) Seite 15
Staatsgelder gegen den Klimaschutz
Umfassende Hilfsprogramme wurden im vergangenen Jahr gestartet, Auflagen zu Energieeinsparungen gibt es kaum. Das konterkariert klimapolitische Maßnahmen, kritisiert Wifo-Ökonomin Kletzan.
Die Gaspreiskrise nutzen, um die Wirtschaft und die Infrastruktur umzubauen und sie klimaverträglicher zu gestalten: Das war eine der entscheidenden Aufgaben für die Politik im vergangenen Jahr. An diesem Auftrag ist die Regierung bei der Vergabe staatlicher Förderungen allerdings gescheitert, zeigt eine Analyse des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo).
Darin schlüsselt das Wifo die verschiedenen temporären Hilfen auf, die eigentlich dazu hätten dienen sollen, die stark gestiegenen Energiekosten für sozial schwächere Haushalte und exponierte Unternehmen auszugleichen. Auf der Internationalen Energiewirtschaftstagung (IEWT) an der TU Wien kritisierte Wifo-Ökonomin Daniela Kletzan jedoch: Über 14,5 Milliarden Euro fließen in Subventionen, die den Energieverbrauch und die Emissionen steigen lassen. Die soziale Treffsicherheit ist niedrig, Auflagen für Effizienz gibt es kaum.
Verabsäumte Chance
Den größten Posten in der Liste belegt der Energiekostenzuschuss für Unternehmen I und II mit 8,3 Milliarden Euro. Er lässt die Summe klimaschädlicher Subventionen in Österreich deutlich über die Zahl hinausklettern, von der noch zu Jahresende berichtet wurde. Damals war die Rede von knapp über fünf Milliarden Euro an klimaschädlichen Subventionen. „Es wäre möglich gewesen, die Gas- und die Klimakrise gleichzeitig in Angriff zu nehmen. Das wurde verabsäumt“, kritisiert Kletzan die Reaktion auf die Erdgasknappheit nach Russlands Angriff auf die Ukraine. „Die Botschaft hätte klar lauten müssen: Wir müssen aus den Fossilen aussteigen.“ Doch dazu wäre es eben nötig gewesen, die Hilfen sozial treffsicherer anzulegen sowie die Unternehmenshilfen viel stärker an Energieeffizienz zu knüpfen.
Das fordert die Ökonomin jetzt für den zweiten Energiekostenzuschuss für Unternehmen: Die konkreten Vergabebedingungen sind noch nicht veröffentlicht worden. „Idealerweise sollte die Förderung an Vorgaben zu Energieeffizienz gekoppelt werden“, so Kletzan.
Weitere große Posten in der Auflistung zu den verschiedenen Krisensubventionen sind die Stromkostenbremse für Haushalte, die Verschiebung der Einführung der CO₂-Bepreisung sowie die Erhöhung der Pendlerpauschale. Bei Letzterer hätte die Regierung überlegen müssen, sie früher wieder auslaufen zu lassen, sagt Kletzan. Denn sie blieb auch dann bestehen, als die Treibstoffpreise längst wieder gesunken waren. Damit schnellte der Absatz im zweiten Halbjahr in die Höhe.
Das schlägt sich auf die österreichische CO₂-Bilanz nieder: Nachdem die Emissionen in den vergangenen Jahren zumindest um einige Prozentpunkte gefallen sind, prognostiziert das Wifo für 2024, dass wieder mehr CO₂ ausgestoßen wird. Als einen der Hauptgründe dafür nennt das Wifo den steigenden Kraftstoffumsatz. Österreichs Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden, lässt sich bei solchen Entwicklungen nicht erreichen.
„Bei Unterstützungen, die den Kraftstoffverbrauch fördern, hätten wir festlegen müssen: Bis zu welchem Preisniveau sind Hilfszahlungen notwendig?“, so Kletzan. „Es wurde zu viel kompensiert. Gerade in Krisensituationen braucht es eine ständige Preisanpassung.“ Soziale Härten müssten ausgeglichen werden, aber dennoch sei es wichtig, den preislichen Anreiz für Energieeffizienz zu erhalten.
Dauerhafte Subventionen
Die 14,5 Milliarden sind Mittel, die aufgrund der Gaspreiskrise freigemacht wurden. Zusätzlich subventioniert Österreich auch dauerhafte „klimakontraproduktive“ Maßnahmen, wie das Wifo kritisiert. Diese beziffert das Institut mit zwischen 4,1 und 5,7 Milliarden Euro. Mit den Geldern fördere der Staat Verkehr, Energie und Landwirtschaft derart, dass die Emissionen hoch bleiben.
Welchen Einfluss die krisenbezogenen Subventionen haben, müsse evaluiert werden, um Lehren daraus ziehen zu können, sagt Kletzan weiter. Erst dann sei klar, wer tatsächlich wie viel von dem Geld genutzt hat. Klar, so Kletzan, sei bereits: „Die Zahlungen konterkarieren die Klimapolitik. Mit Subventionen in dieser Größenordnung werden wir es nicht schaffen, unsere Emissionen ausreichend zu senken.“
Der Standard