Deutschland bremst bei EU-Plänen für Strommarkt

16. März 2023, Berlin/Brüssel/Stockholm
Olaf Scholz bleibt skeptisch - Berlin, APA/dpa

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) reagiert zurückhaltend auf die Pläne der EU-Kommission für eine Reform des europäischen Strommarktes. „Wer grundlegend in den Markt eingreifen will, sollte es erst dann tun, wenn er die Folgen des Eingreifens klar abschätzen kann“, sagte Scholz am Mittwoch in Berlin. „Da sind wir noch nicht.“

Hintergrund ist der Vorschlag, dass der Strompreis künftig nicht mehr nach dem letzten Kraftwerk berechnet wird, das jeweils für den aktuellen Bedarf benötigt wird. Dadurch bestimmt immer das teuerste Kraftwerk den Preis. Dies hatte die Strompreise im vergangenen Jahr in die Höhe getrieben, weil dies teure Gaskraftwerke waren.

Die EU-Kommission hatte am Dienstag Vorschläge für eine Reform EU-Strommarktes vorgelegt, die auf den Ausbau erneuerbarer Energien, einen beschleunigten Ausstieg aus der Gas-Nutzung und den Schutz der Privathaushalte vor Preisschwankungen abzielen. Dies ist Teil eines ganzen Reformpakets, mit dem die EU die Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen will. Dazu hatte die EU-Kommission auch einen Industrieplan als Teil des sogenannten „green deals“, also des klimaneutralen Umbaus der Wirtschaft, vorgelegt.

Scholz bezeichnete auch dies vorsichtig als „erste Grundlage für die Debatte“. Der EU-Gipfel wird kommende Woche über das Thema Wettbewerbsfähigkeit beraten und will Beschlüsse auch über eine europäische Antwort auf die US-Subventionen für klimafreundliche Technologien treffen.

Der deutsche Kanzler betonte nach einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson, dass beide Länder eine langfristige Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit wollten. Es sei richtig, wenn dazu die Beihilferegeln befristet gelockert würden, sagte der Kanzler. Aber es dürfe in der EU keinen Subventionswettlauf geben.

Kristersson, der derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, hatte zuvor gewarnt, dass die EU-Staaten zu sehr auf staatlichen Beihilfen setzen könnten. Diese Beihilfen seien zwar manchmal nötig, dürften aber nicht der Normalfall werden, sagte er mit Blick auf milliardenschwere staatliche Zuschüsse für die Ansiedlungen von Fabriken. Auch Deutschland versucht so etwa Batterie- und Halbleiter-Fabriken anzulocken. Dies hat in finanzschwächeren EU-Staaten die Sorge vor einer Wettbewerbsverzerrung laut werden lassen.

Kristersson pochte auf eine technologische Aufholjagd der EU. „Es gibt keine europäische Autonomie ohne Wettbewerbsfähigkeit“, sagte der konservative Politiker. Die EU-Firmen seien im Vergleich zu den amerikanischen Unternehmen in den vergangenen Jahren zurückgefallen. Die Entwicklung gehe in die falsche Richtung und müsse korrigiert werden, sagte er mit Blick etwa auf Forschungsausgaben. Die Debatte über die US-Subventionen für klimafreundliche Technologien müsse dabei freundschaftlich geführt werden, fügte Kristersson mit Blick auf den EU-Gipfel kommende Woche hinzu.

Beide Politiker äußerten sich zudem optimistisch, dass eine Einigung beim geplanten Aus für den Verbrennungsmotor 2035 gefunden werden kann. Scholz pochte dabei darauf, dass die Kommission wie versprochen einen Vorschlag vorlegen solle, wie Verbrennungsmotoren bei der Nutzung von Ökosprit oder sogenannten E-Fuels weitergenutzt werden können.

APA/ag

Ähnliche Artikel weiterlesen

Alte Gaslieferverträge mit Russland bereiten Uniper Probleme

3. Mai 2024, Düsseldorf
Insider: Unipers Langzeitverträge mit russischem Konzern sind weiter gültig
 - Düsseldorf, APA/dpa

Zweites Leben für Autobatterien – Restlebensdauer am Grazer Prüfstand

2. Mai 2024, Graz
Jörg Moser und Christian Ellersdorfer vom Institut für Fahrzeugsicherheit der TU Graz
 - Graz, Lunghammer/TU Graz

Tiroler Gasversorger Tigas senkt mit 1. Juli Preise deutlich

2. Mai 2024, Innsbruck
Monatliche Kostensenkung von knapp 60 Euro bei durchschnittlichem Jahreshaushaltsverbrauch
 - Hamburg, APA/dpa

Energie AG investiert in Windkraft in Slowenien

2. Mai 2024, Linz
Österreichische Investition in Windkraft in Slowenien
 - Rostock, APA/dpa Symbolbild