Brunner: Verbot der geologischen CO2-Speicherung überdenken

9. Mai 2023, Wien
Brunner sieht in CO2-Speicherung Standortvorteil - Wien, APA/HANS KLAUS TECHT

Ob das Erreichen der österreichischen Klimaziele ohne Speicherung und Wiederverwertung von CO2 überhaupt möglich ist, sei unsicher, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Montag bei einer Expertendiskussion im Finanzministerium. Laut internen Analysen seines Ministeriums müssten jährlich 5 bis 10 Mio. Tonnen CO2 eingespeichert werden. Dazu müsste auch das geltende Verbot der geologischen CO2-Speicherung in Österreich aufgehoben werden.

CO2 zu speichern oder wiederverwerten und nutzen zu können, werde zu einem Standortvorteil, sagte Brunner, der als Minister auch für Rohstoffe zuständig ist. „Das Geld dafür ist da, das stellen wir zur Verfügung. Bis 2026 investieren wir fast 5 Mrd. Euro in die ökologische Transformation.“

Bis Ende 2023 werde ein Entwurf des nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) von Österreich an die EU-Kommission übermittelt, sagte Brunner. Federführend werde der Entwurf vom Klimaschutzministerium erarbeitet. „Ich setze mich dafür ein, dass sich im NEKP ein thematischer Schwerpunkt auch für die Speicherung und für die Nutzung wiederfindet, der auch die Relevanz beider Technologien für die Zukunft des Standorts Österreich klar aufzeigt.“

Bei der Speicherung von CO2 (CCS, Carbon Capture and Storage) wird Kohlenstoffdioxid (CO2) aus Kraftwerks- und Industrieanlagen abgeschieden, zu einer Speicherstätte transportiert und dort zur dauerhaften Speicherung in eine geeignete geologische Struktur injiziert. Wenn von Carbon Capture and Utilization (CCU) die Rede ist, meint man die Abscheidung, den Transport und die anschließende Nutzung von CO2.

Das Risiko der CO2-Speicherung sei minimal, sagte Oliver Geden von der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik bei der Diskussion im Rahmen der Reihe „Finanz im Dialog“. Das Hauptrisiko wäre eine Leckage, erklärte Geden. „Da könnte man salopp sagen, dass die Speicherung von CO2 in Bäumen möglicherweise riskanter ist auf lange Sicht als die geologische Speicherung von CO2.“ Das Gesundheitsrisiko eines Austritts von gespeichertem CO2 werde außerdem überschätzt.

Es gibt auch technische Verfahren, CO2 aus der Luft herauszuholen, was allerdings viel Energie verbraucht und sehr teuer ist. „Es muss uns klar sein, dass das kein Ersatz ist für die Abscheidung aus industriellen Abgasen“, sagte der Leiter des Lehrstuhls für Reservoir Engineering der Montan Universität Leoben, Holger Ott. „Es ist also keine Option, CO2 zuerst in die Atmosphäre zu emittieren, um es dann wieder per Direct Air Capture zum Beispiel zu binden und zu sequestrieren.“

Anne-Mette Cheese, Leiterin der Business Unit CCS & H2 Dänemark für Wintershall Dea, hat mehr als 20 Jahre lang an CCS-Projekten in Deutschland, England, Nordamerika, Indien und Südafrika mitgearbeitet. „Jedes einzelne Projekt, an dem ich mitgearbeitet habe, ist gescheitert.“ Das habe aber nie technische Gründe gehabt, sondern gescheitert seien die Projekte immer an den Kosten und den politischen Rahmenbedingungen. Günstig seien die politischen Rahmenbedingungen in Europa derzeit in Norwegen und seit kurzem auch in Dänemark.

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz verwies in einer Stellungnahme darauf, dass FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl das Forcieren der CO2-Speicherung vor eineinhalb Monaten im Rahmen einer Pressekonferenz gefordert habe. Herbert Kickl habe damals die Frage gestellt, warum Österreich die CO2-Speicherung in tiefen Gesteinsschichten verschlafe, während Länder wie Norwegen oder Island damit bereits erfolgreich seien.

Kritisch betrachtet wird dieses Thema hingegen von Greenpeace: „Die künstliche Kohlenstoffspeicherung ist ein leeres Klimaschutzversprechen und birgt ein gefährliches Risiko. Der Fokus beim Klimaschutz muss darauf liegen, wie wir die klimaschädlichen Emissionen in den nächsten Jahrzehnten radikal senken können“, kommentierte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace, die Pläne. Die Kohlenstoffspeicherung berge zudem das Risiko, dass das CO2 wieder entweicht und die Temperaturerhitzung weiter vorantreibe, so Duregger.

APA

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