Am Mittwoch endete die Frist für Stellungnahmen zum Nationalen Energie- und Klimaplan, den Österreich bei der EU einreichen muss. Forschende, NGOs und Interessenvertretungen zeigen: An Vorschlägen mangelt es nicht.
Klimaschädliche Subventionen abbauen, den CO₂-Preis erhöhen, niedrigere Tempolimits: Solche Maßnahmen seien notwendig, betonen knapp 50 Wissenschafterinnen und Wissenschafter am Mittwoch. Sie reichen zusammen mit dem Climate Change Centre Austria (CCCA) eine Stellungnahme zur öffentlichen Begutachtung zum Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) ein.
In diesem Plan muss die Regierung der EU vorrechnen, wie Österreich seinen Teil zu den europäischen Klimazielen beitragen will. In weniger als sieben Jahren muss die EU ihre Emissionen um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 2005 senken, darauf haben sich die Staaten geeinigt. Damit das gelingt, haben alle jeweils angepasste Reduktionsziele bekommen. Für Österreich sind das minus 48 Prozent. Der Plan dazu muss bis Juli 2024 bei der EU-Kommission landen.
Größere Entschlossenheit
Derzeit ist Österreich weit vom Ziel entfernt. Die offene Lücke präsentierte das Umweltbundesamt im Juli zusammen mit dem Klimaministerium: Selbst wenn alle Gesetze beschlossen werden, die bereits ausgearbeitet sind, würde Österreich nur eine Reduktion um 35 Prozent schaffen – damit fehlen 13 Prozent auf das EU-Ziel. Wie diese Lücke geschlossen werden soll, dazu startete das Klimaministerium eine öffentliche Befragung. Sie endete am Mittwoch. Jetzt werden die Stellungnahmen geprüft und ressortübergreifend eingearbeitet. Erst dann werden sie veröffentlicht.
Die Forschenden des CCCA verschickten ihre Stellungnahme vorab: Der Entwurf habe positive Ansätze, doch würden die dort vorgeschlagenen Maßnahmen nicht reichen. „Die aktualisierte Version des NEKP markiert einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, jedoch ist größere Entschlossenheit erforderlich“, sagt einer der Autoren, Karl Steininger vom Wegener Center an der Universität Graz. Unter anderem empfehlen die Forschenden nicht nur verstärkte Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und nachhaltige Mobilität, sondern auch die Verbesserung von Strukturen, die ein klimafreundliches Leben ermöglichen. „Die gegenwärtigen Strukturen machen das fast unmöglich“, so Sigrid Stagl von der WU Wien. Unter anderem empfehlen die Forschenden:
Q Klimaschädliche Subventionen abzubauen und den CO₂-Preis bis 2030 auf mindestens 130 Euro pro Tonne CO₂ zu erhöhen,
Q Tempolimits auf Autobahnen auf 100 Stundenkilometer und auf Freilandstraßen auf 80 Stundenkilometer zu senken,
Q stringentere Energiesparverpflichtungen umzusetzen,
Q eine Sanierungspflicht einzuführen,
Q langlebige Holzprodukte zu fördern,
Q die Emissionen der Abfall- und Kreislaufwirtschaft konsequent zu prüfen und
Q einen Markt für die CO₂-Entnahme und -Speicherung zu schaffen.
Empfehlungen zur Nachschärfung des Plans kommen auch von den Umweltorganisationen. Greenpeace schlägt etwa eine Steuer auf SUVs vor sowie ein Verbot für Kurzstrecken- und Privatflüge. Auch soll die Lizenzvergabe für neue fossile Explorationsprojekte in Österreich beendet und das staatliche Programm für Haussanierungen hochgefahren werden. „An Ideen für weitreichenden Klimaschutz mangelt es nicht. Jetzt ist der politische Wille gefragt“, sagt Jasmin Duregger von Greenpeace. Der WWF fordert unterdessen ein Programm für den Bodenschutz sowie eine Naturschutzoffensive. Genauso dringend sei der rasche Beschluss des ausständigen Erneuerbare-Wärme-Gesetzes, das den Austausch von Öl- und Gasheizungen gegen CO₂-arme Alternativen ankurbeln soll. Das Gesetz hängt im Parlament fest.
Ausständiges Gesetz
Dazu betont Global 2000, die Lücke auf das EU-Emissionsziel sei deutlich größer als 13 Prozent. Denn dort ist etwa das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz bereits eingerechnet. Doch ob dieses Gesetz in der aktuellen Regierung noch beschlossen werden kann, ist offen. Zusätzlich sei ein Sofortmaßnahmenpaket sowie das längst überfällige Klimaschutzgesetz nötig.
Die Wirtschaftskammer (WKO) wiederum fordert, Österreich müsse bereits eine Strategie für den Austausch von Emissionsrechten mit anderen Mitgliedsstaaten erarbeiten. Denn wenn ein Staat mehr CO₂ ausstößt als in den EU-Zielen vereinbart, kann er einem Staat einen Teil von dessen Emissionsrechten abkaufen. Diese Möglichkeit müsse „kosteneffizient“ genutzt werden, so Karlheinz Kopf, Generalsekretär der WKO. Denn wird das EU-Ziel verpasst, drohen hohe Strafzahlungen. Wege, um die Emissionen schnell genug zu senken, gäbe es allerdings reichlich.
Der Standard