Energie. Im Vorjahr hat Österreich 666 Millionen Euro an öffentlichen Subventionen für den erzeugten Strom aus Wind-, Wasser- und Solaranlagen ausgegeben – und 775 Millionen Euro damit verdient. Wie geht das?
Die längste Zeit war es Jahr für Jahr dasselbe Spiel: Einmal jährlich zählte der staatliche Energie-Regulator E-Control zusammen, wie viele neue Wind-, Wasser- und Solaranlagen gebaut wurden und wie viel die Stromkundinnen und -kunden dafür an Förderungen bezahlen mussten. Bei typischen Summen rund um eine Milliarde Euro folgte jedes Jahr dieselbe Debatte darüber, ob die Erneuerbaren zu teuer seien und sich das Land den Ausbau leisten könne. Diese Debatte ist nun vorbei: Auch 2022 wurden die Erneuerbaren in Österreich im Eiltempo ausgebaut. Die Kosten dafür aber sanken rapide.
Die Republik musste nur noch 666 Millionen Euro für geförderten Ökostrom ausgeben, 247 Millionen Euro weniger als im Jahr zuvor. Hauptgrund für diese Entwicklung sind die hohen Marktpreise für Strom. Im Zuge der Energiekrise war an den Börsen deutlich mehr Geld zu verdienen als mit der staatlichen Förderung, weshalb sich die meisten Ökostrombetreiber von der staatlichen Förderstelle Oemag verabschiedet und ihre Strommengen selbst verkauft haben. Unterm Strich sanken die an die Oemag gemeldeten Mengen von 8363 auf 3006 Gigawattstunden. Damit wurde der Ausbau aber nicht nur billiger für die Allgemeinheit, der Staat hat mit der Förderung sogar noch ein Geschäft gemacht.
Markt zahlt besser als der Staat
Der Grund dafür: Die Oemag kaufte zwar um 666 Millionen Euro Ökostrom zu, verbrauchte ihn aber nicht selbst, sondern gab ihn über die Börse weiter. Und da auch hier die Rekordpreise des Vorjahres zum Tragen kamen, nahm die Förderstelle unterm Strich um 109 Millionen Euro mehr ein, als sie selbst auszahlen musste.
Der ungewöhnlich hohe Gewinn der Oemag wird allerdings nicht an die Stromkunden retourniert, sondern verbleibt in den Fördertöpfen des Staates. Die Haushalte profitieren nur insofern, als sie weder 2022 noch 2023 einen Ökostrom-Förderbeitrag oder eine Ökostrom-Förderpauschale überweisen mussten. Im Gegenzug hatten sie freilich die deutlich höheren Marktpreise zu bezahlen. Ob das so bleiben wird, ist fraglich: „Derzeit gibt es wenig Förderbedarf, aber das wird sich wieder ändern“, warnt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Im laufenden Jahr seien die Marktpreise wieder deutlich gesunken, die erzeugten Mengen hingegen stiegen. Spätestens wenn der Strompreis wieder unter zehn Cent je Kilowattstunde falle, seien die Anlagenbetreiber wieder zurück im Förderregime, ist Urbantschitsch überzeugt. Für die Ökostromproduzenten ist die außergewöhnliche Situation ideal: Sie verdienen Höchstpreise an den Börsen, und sobald das nicht mehr so ist, können sie zurück zur staatlich garantierten Vergütung. Selbst ihre „Förderjahre“ verlieren sie durch ihre Ausflüge in den freien Markt nicht. Sie haben zwei Jahrzehnte Zeit, um die versprochenen 13 Jahre mit geförderten Preisen einzulösen.
78 Prozent des Stromverbrauchs grün
Der Ausbau der Erneuerbaren an sich ging im Vorjahr gut voran. Es wurden mehr als 1000 Megawatt (MW) installierter Leistung in Form von Solaranlagen zugebaut, 179 MW an Wasserkraft und 211 MW an Windenergie. 78 Prozent des Bruttostromverbrauchs wurden mit Erneuerbaren abgedeckt. Und das, obwohl es ein schlechtes Jahr für die Produktion von Wind-, Wasser- und Solarenergie war.
Mit diesem Ausbautempo sei Österreich auf Kurs, das selbst gesteckte 100-Prozent-Ökostrom-Ziel bis 2030 zu erreichen, sagte E-Control-Vorstand Alfons Haber. Dafür muss die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen bis dahin um 27 Terawattstunden (TWh) steigen. Davon sollen elf TWh auf Fotovoltaik, zehn TWh auf Wind-, fünf TWh auf Wasserkraft und ein TWh auf Biomasse entfallen. Bei der zuletzt schwächelnden Windkraft seien 55 MW an neuen Projekten bereits inklusive Förderzusage in der Warteschleife, so die E-Control. Der boomende Ausbau der Solarenergie verlagere sich heuer erstmals von privaten Dächern verstärkt auf Großanlagen. Eines dürfe ob der Euphorie aber nicht vergessen werden, mahnte Haber: Ohne Ausbau der Netze sind die Ziele nicht zu erreichen.
Die Presse