Gasheizung adieu

20. Oktober 2023

Umweltpolitik. Die Regierung will Öl- und Gasheizungen möglichst schnell loswerden, doch ihre ehrgeizigen Ziele musste sie jetzt relativieren. Was bedeutet das für all jene, die ihre Heizung umrüsten wollen?

Man darf die Menschen nicht überfordern. Das war, vereinfacht gesagt, das politische Argument, warum sich die Bundesregierung von ihren hochgesteckten Zielen beim Klimaschutz entfernt hat.

Anstatt wie ursprünglich geplant einen verpflichtenden Tausch aller Gasheizungen bis zum Jahr 2040 vorzuschreiben, soll ab kommendem Jahr nur deren Einbau in Neubauten verboten werden. Abgesehen davon soll eine deutliche Erhöhung der Fördermittel dafür sorgen, dass dennoch viele Menschen auf klimaschonende Heizsysteme umsteigen. Was bedeutet das in der Praxis? Der KURIER hat die wichtigsten Fragen zusammengestellt.

Was genau wird jetzt

eigentlich gefördert? Einfach gesagt: der Umstieg auf ein klimafreundliches Heizsystem. Das bedeutet: Nah- und Fernwärme, moderne Holzzentralheizungen sowie Luft- und Erdwärmepumpen. Der Fokus liegt aber auf dem Anschluss an Nah- und Fernwärmenetze. Wo dieser möglich ist, hat er Priorität. Laut Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) ist die Finanzierung der Förderungen auf vier Jahre gesichert – also über die laufende Gesetzgebungsperiode hinaus.

Wie hoch ist die Förderung – und wer profitiert? Die Förderung orientiert sich am System, auf das man umsteigt. Eine Erdwärmepumpe kann teurer sein als ein Fernwärmeanschluss – beides will die Regierung unterstützen. Generell sollen rund 75 Prozent der Kosten für die neue Heizung öffentlich abgedeckt werden, im Einzelfall geht das bei einer Kombination von Bundes- und Landesförderungen und unter der Berücksichtigung von steuerlichen Anreizen auf bis zu 28.000 Euro. Für den mehrgeschoßigen Wohnbau gibt es eigene Förderschienen. Laut Umweltministerin Gewessler bekommen einkommensschwache Menschen die gesamten Kosten ersetzt. Alle Details in Kürze auf www.umweltfoerderung.at

Warum lohnt sich ein Heizungswechsel weg von fossilen Brennstoffen? Abgesehen vom Umwelt- und Klimaschutzgedanken gibt es das Modernisierungsargument, sprich: Egal, welche Heizung man kauft: Neuere Modelle senken beim laufenden Betrieb fast immer die Kosten, weil sie unabhängig vom jeweiligen System effizienter arbeiten und damit weniger Brennstoff verbrauchen. Mit den neuen Förderungen soll das größte Hindernis für den Umstieg, nämlich die Anschaffungskosten, verkleinert werden. Vor einem Wechsel des Heiz-Systems empfiehlt sich freilich oft eine thermische Sanierung der Fassade – auch hiefür gibt es Förderungen.

Ministerin Gewessler argumentiert, viele Menschen werden aufgrund der künftig immer höheren Gaspreise ohnehin auf andere Heizsysteme umsteigen. Hat sie damit recht?Es spricht vieles dafür, dass der Gaspreis in Zukunft deutlich ansteigt. Eines der stärksten Argumente ist die Unsicherheit der russischen Gaslieferungen durch die Ukraine, wo die Verträge Ende 2024 auslaufen. Die EU wird auf Flüssiggas, auf norwegisches Gas und amerikanisches Frackinggas ausweichen. Allerdings sind diese Alternativen teurer als russisches Gas. Dazu kommt der politische Wille, klimaneutral zu werden, also keine fossilen Energieträger mehr zu verbrennen. Mit der CO₂-Bepreisung und später dem EU-Emissionshandelssystem II für alle fossilen Brenn- und Treibstoffe ist eine jährliche Preiserhöhung gesetzlich garantiert. Es kann zwar niemand sagen, wie hoch genau der Gaspreis im Jahr 2033 sein wird. Experten gehen aber davon aus, dass dieser Energieträger jedenfalls ein Ablaufdatum hat, weil die Kosten sicher nicht sinken.

Löst die neue Förderung die Herausforderungen in Ballungsgebieten wie Wien?Nicht ganz. Das Erneuerbare-Wärme-Paket ist zwar ein Baustein und soll für mehrgeschoßige Wohnbauten Förderungen anbieten. Letztlich liegt es aber an den Städten selbst, die Art und Weise der Wärmebereitstellung auszubauen. Dazu gehört z.B. der flächendeckende Ausbau der Fernwärme.

Wien hat zu Jahresbeginn das Ende der fossilen Energieträger für Heizungen beschlossen. Kann dieses Vorhaben jetzt noch umgesetzt werden? Dafür fehlen vorerst wichtige rechtliche Grundlagen. Zum Beispiel Änderungen im Mietrecht, um Gasthermen in Bestand-Wohnungen verbieten zu können. Von einer „herben Enttäuschung“ und einem „Rückschlag“ spricht daher Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) gegenüber dem KURIER. Auf Landesebene mögliche Maßnahmen werde man weiter verfolgen. Etwa den Ausbau und die Dekarbonisierung der Fernwärme. Oder der Wärmeplan, in dem verzeichnet wird, in welchem Stadtgebiet welche Art der klimaschonenden Wärmeversorgung zum Einsatz kommen kann.

Für das Verbot der Gasheizungen im Neubau braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Ist diese realistisch?Durchaus. Von der FPÖ darf sich die Regierung diesbezüglich zwar keine Unterstützung erwarten. Da die türkis-grüne Bundesregierung nun aber vom generellen Verbot von Gasheizungen bzw. -thermen Abstand genommen hat, ist die Zweidrittel-Mehrheit im Parlament nur noch für das Verbot des Neu-Einbaus von Gasthermen in Neubauten nötig. Genau das gilt de facto im rot regierten Wien schon seit 2018. Deshalb wäre es pikant, wenn die SPÖ auf Bundesebene dagegen stimmen würde.

Kurier