Kaunertal-Kraftwerk: Söldener sagten „Nein“

10. Juni 2024, Innsbruck/Sölden
Starkes Nein zu ohnehin auf Eis gelegten Plan
 - Innsbruck, APA/WWF

Wenige Tage nachdem der landeseigene Tiroler Landesenergieversorger Tiwag die geplante Ausleitung von Wasser aus dem Ötztal für das vielkritisierte Vorhaben einer Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal zumindest auf Eis gelegt hatte, hat die Bevölkerung von Sölden am Sonntag in einer Volksbefragung mit 96,19 Prozent „Nein“ zu den ursprünglichen Plänen gesagt. 59,44 Prozent nahmen an der Befragung teil. In Summe waren 2.520 Personen berechtigt, abzustimmen.

„Soll Wasser aus Gewässern im Gemeindegebiet der Gemeinde Sölden zum Speicher Gepatsch im Kaunteral übergeleitet werden?“ hatte die Fragestellung an die Söldener gelautet. Trotz des Rückziehers der Tiwag ließ der Bürgermeister von Sölden, Ernst Schöpf (ÖVP), die Befragung durchführen: „Zu dem Zeitpunkt, als die Abkehr der Tiwag publik wurde, waren bereits 277 Stimmkarten im Umlauf. Zudem hatten wir bereits alle Ausschreibungen durchgeführt“, begründete Schöpf die Vorgangsweise gegenüber dem ORF Tirol.

Die Tiwag hatte am Dienstag mitgeteilt, dass die Aufteilung in zwei Projektteile die geplante Ausleitung des Wasser vorerst nicht nötig mache. In einem ersten Schritt will man das neue Pumpspeicherkraftwerk Versetz mit dem Speicher Platzertal umsetzen. Das Landesunternehmen konzentriere sich „darauf, was es vorrangig für die österreichische und europäische Energiewende braucht und trennt die Erweiterung Kaunertal in zwei Projektteile“, sagte Vorstandsdirektor Alexander Speckle. Mit dem Pumpspeicherkraftwerk Versetz und dem Speicher Platzertal könne erneuerbare Energie gespeichert werden und „dringend notwendige Speicherkapazitäten und Flexibilitäten für den nationalen wie internationalen Ausbau von Wind- und Sonnenenergie innerhalb des europäischen Verbundsystems“ geschaffen werden. Dafür würden vorhandene Wasserressourcen am Gepatschspeicher und im Einzugsgebiet des Platzertals genutzt. „Wasserableitungen aus dem Ötztal sind vorab nicht notwendig“, hieß es.

Die Pläne für das Mega-Pumpspeicherkraftwerk waren zum ersten Mal im Jahr 2009 eingereicht worden. Die UVP war erstmals 2012 gestellt worden. Zuletzt wurde der Tiwag ein Verbesserungsauftrag erteilt. Für das Projekt plante der Energieversorger, bis zu 80 Prozent des Wassers aus der Venter und Gurgler Ache im 34 Kilometer entfernten Ötztal – einem der niederschlagsärmsten Täler Tirols – auszuleiten. Zudem würden im Platzertal neun Fußballfelder an Moorflächen geflutet. Mit seinen 120 Metern wäre der Staudamm fast so hoch wie der Stephansdom in Wien und sieben Mal so hoch wie das Goldene Dachl – Vergleiche, die Naturschutzorganisationen regelmäßig zur Abschreckung heranziehen.

Die Tiroler Landesregierung aus ÖVP und SPÖ hatte sich indes zum Kraftwerksausbau im Kaunertal bekannt. Die Tiwag betonte stets, am Kraftwerksprojekt Kaunertal führe kein Weg vorbei, um die in Tirol für 2050 anvisierte Energieautonomie zu erreichen.

APA