Im Herbst sollen die Vorstände der Energie Steiermark neu ausgeschrieben werden. Nach der Wahl werden Gagen erhöht, weil Bereichsleiter mehr verdienen als die Bosse.
Wer führt künftig die Energie Steiermark? Und vor allem: Wann werden die neuen Chefs bestellt? Diese Fragen sorgen in der Landesregierung für einiges Unbehagen. Die Verträge der amtierenden Vorstände Christian Purrer (69) und Martin Graf (48) laufen nämlich Ende März 2025 aus. Der seit 2012 amtierende Vorstandssprecher Purrer geht in Pension, damit endet eine Ära.
Soll die Wachablöse geordnet ablaufen, dann muss sie jetzt dringend vorbereitet werden. „Der beste Zeitpunkt dafür ist schon vorbei“, sagt ein Kundiger. In den nächsten Wochen soll eine begrenzte Ausschreibung unter Personalberatern stattfinden. Eines dieser Büros wird dann mit der Organisation der Vorstandssuche betraut, wobei die Entscheidung natürlich beim Aufsichtsrat liegt.
Doch die Landespolitik sitzt in der Doppelmühle: Stellt sie noch vor der Landtagswahl Ende November die Weichen, dann kann man ihr einen Eingriff in die nächste Legislaturperiode vorwerfen. Wartet das Land hingegen tatenlos die neue Regierungsbildung ab, dann könnte die Zeit knapp werden. Gremien müssen eingebunden werden. Über Nacht lässt sich ein neuer Vorstand nicht aus dem Hut zaubern.
Wie man inoffiziell hört, haben sich Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und sein Vize Anton Lang (SPÖ) auf eine Art Mittelweg geeinigt. Die beiden Vorstandsposten für den Landes-Energiekonzern sollen demnach im November, noch vor der Landtagswahl, öffentlich ausgeschrieben werden. Die Abgabefrist für Bewerbungen soll erst im Dezember liegen, also nach der Wahl. Damit hoffen Schwarz und Rot, das Personalgerangel einigermaßen aus dem Wahlkampf herauszuhalten.
Der Plan ist trotzdem brisant. Denn er läuft darauf hinaus, dass auch bei einem FPÖ-Wahlsieg und womöglich Eintritt in die Landesregierung die Blauen bei der Vorstandsbestellung nichts mehr mitzureden haben. „Wir werden sicher nicht darauf warten, dass politisch eine neue Situation entsteht und sich dann jemand einmischen will“, erzählt ein Insider.
Auch von anderer Seite droht Ungemach. Der selbstbewusste Chef des Estag-Aufsichtsrats, Energie-Professor Karl Rose, scheint fest entschlossen, die Vorstandskür im Alleingang und ohne politische Zurufe durchzuziehen. Die Personalberater sollen über die Identität von Bewerbern nur an Rose persönlich berichten. Einen Personalausschuss, wie sonst üblich, gibt es in der Estag nicht.
Politische Nichteinmischung wäre neu in der leidvollen Estag-Historie. Bis heute unterliegen die zwei Vorstände der großkoalitionären Logik, Purrer sitzt auf dem „schwarzen“ und Graf auf dem „roten“ Ticket. Von einer Absprache zwischen Drexler und Lang weiß Rose jedenfalls nichts: „Das halte ich für ein Gerücht.“ Man werde streng objektiv vorgehen: „Ich komme aus einer Kultur, wo so etwas im Hearing entschieden wird. Und ich habe schon gute Leute im Hearing versagen gesehen.“
Dass sich massenhaft Leute bewerben, glaubt sowieso niemand. Denn die Estag-Vorstände dürfen maximal so viel verdienen wie der Landeshauptmann, also derzeit 275.346 Euro pro Jahr. Das ist für Normalsterbliche unerreichbar viel, aber im Managerbereich der Energiekonzerne ist man damit unterbezahlt. Selbst die Bosse mancher kleinen Stadtwerke verdienen mehr. Marktüblich wären rund 360.000 Euro, wird gemunkelt.
Die Bindung an die Politikergehälter sorgt (ebenso wie in der Spitälergesellschaft Kages) bereits für chaotische Zustände. Denn die Politiker haben aus Angst vor dem Volk viele Nulllohnrunden gemacht und bekamen zuletzt nur die halbe Inflation abgegolten. Die Abteilungschefs der zweiten Ebene hingegen haben alle Lohnsteigerungen voll mitgemacht. „Es gab einige, die mehr verdient haben als der Vorstand. Da mussten wir ordnend eingreifen“, bestätigt Chefaufseher Rose. Dem Vernehmen nach will man in der Estag die Aufsichtsratsgelder und Vorstandsgagen deutlich erhöhen – aber erst nach der Wahl.
Vorerst gilt als wahrscheinlich, dass einerseits Graf wiederbestellt wird und andererseits die Purrer-Nachfolge durch einen hausinternen Kandidaten erfolgt. Als Favoriten gelten der Geschäftsführer der Estag-Netzgesellschaft, Franz Strempfl (58), und der Chefjurist des Konzerns, Johannes Pratl (50). Pratl ist in der ÖVP stark vernetzt, er ist auch Finanzreferent der Landes-ÖVP. Nicht mehr im Rennen ist hingegen der frühere Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (61). „Wir haben ihm das ausgeredet“, erzählt ein Involvierter. Und Nagl selbst sagt: „Ich tue mir das nicht an. Ich weiß ja, dass ich einen politischen Stempel auf der Stirn trage.“
Kleine Zeitung