Erneuerbare Energie: Oberösterreichische Delegation in Bozen und Trient
Inmitten des stark frequentierten Autobahnkreuzes von Bozen findet sich ein Ort der Ruhe. Nur selten kommt hier jemand vorbei. Im Durchschnitt sind es vier Autos pro Tag. Eines ist der Dienstwagen des Südtiroler Landeshauptmanns Arno Kompatscher. Es fährt mit Wasserstoff und braucht relativ viel davon, weil das Auto entweder sehr schnell fährt oder sehr steile Strecken zu bewältigen hat. So genau weiß man das nicht.
Die erste Wasserstofftankstelle Südtirols war lange Zeit die einzige, und das war ihr Alleinstellungsmerkmal. Erfolgsgeschichte ist das Thema Mobilität und Wasserstoff keines, wissen auch die Betreiber. Beim Individualverkehr gehe es Richtung Batterieauto, Wasserstoff werde man am ehesten für den Schwertransport und die Schneekatzen brauchen, heißt es in Bozen. Die Schneekatzen sind die riesigen Pistenraupen, die 2026 auch die Pisten für die Olympischen Spiele präparieren sollen.
In der Mobilität ist Wasserstoff also nicht das Zukunftsthema schlechthin. Aber es gibt andere Anwendungsformen, die sehr wohl zukunftsträchtig seien, sagten die Teilnehmer einer oberösterreichischen Delegation aus Energie AG, Energieinstitut an der JKU sowie Wissenschaftern und Firmenvertretern bei einem Besuch in Bozen und Trient.
Klimaneutral produzierter und damit grüner Wasserstoff sei zum einen ein wesentlicher Baustein bei der Transformation der Industrie und zum anderen derzeit der beste und auch einzige Weg zur saisonalen Speicherung von Energie, sagt Markus Achleitner, der nicht nur Energielandesrat, sondern auch Aufsichtsratschef der Energie AG und Präsident des Energieinstituts ist. Oberösterreich könne 100 Terawattstunden Gas und später auch Wasserstoff speichern und könne damit ein wichtige Rolle spielen.
Die Energie AG werde Wasserstoff für Dekarbonisierung und Speicherung verwenden und 19 Megawatt an Elektrolyseleistung für die Herstellung von Wasserstoff zur Verfügung stellen, sagt Energie-AG-Chef Leonhard Schitter. 80 Prozent der Gasnetze seien schon jetzt in der Lage, Wasserstoff zu transportieren. Das müsse ausgebaut werden. Zunächst solle Wasserstoff auch Erdgas beigemengt werden.
Um die Energiewende zu schaffen, braucht es weltwelt im Jahr 2030 590 Gigawatt Leistung für die Wasserstoffherstellung. Davon ist derzeit allerdings ein Prozent umgesetzt, fünf Prozent sind projektiert. „Das klassische Henne-Ei-Prinzip. Wir müssen endlich ins Tun kommen“, sagt Achleitner und fordert einen Marshallplan über 60 Jahre für Europa. Das koste viele Milliarden, sei aber eine große Chance.
Oberösterreichs Spezialisten des Energieinstituts, die sich schon seit 2007 mit Wasserstoff befassen, haben in Südtirol im Trentino mit Forschungseinrichtungen und Unternehmen Kontakte vertieft, die dazu beitragen sollen, dass überregional am Thema geforscht, entwickelt und produziert wird.
Kooperationen in Italien
Mit der Fondazione Bruno Kessler in Trient steht man am Beginn einer internationalen Kooperation. Direktor Luigi Crema ist gleichzeitig auch Präsident des bedeutendsten europäischen Wasserstoff-Forschungsnetzwerks, dem auch das Energieinstitut beigetreten ist.
Trentino-Südtirol ist zudem zentrale Region für den Süd-Nord-Transport von Wasserstoff, der besonders wichtig sei, weil Wasserstoff vor allem in heißen Gebieten mit vielen Sonnenstunden wie Nordafrika produziert werden wird.
Beachtlich sei die Fähigkeit der führenden Forschungseinrichtungen, sich Förderung für innovative Projekte zu sichern, sagt Achleitner.
Robert Tichler, Geschäftsführer des Energieinstituts, ist angetan von der Materialforschung in der Region, die sich auch in Produkten rund um Wasserstoff, Brennstoffzellen und Batterien spiegle. So entwickelt etwa Green Energy Storage in Rovereto neue Wasserstoffbatterien und verzichtet dabei weitgehend auf seltene Erden, sondern greift dafür auf Mangan zurück.
Viel verspricht man sich auch vom Austausch mit dem Institut für Erneuerbare Energie im Bozener Techpark Noi, das vom PV- und Energiesystemspezialisten Wolfram Sparber geleitet wird. Auf dem Campus werden anschaulich die Auswirkungen von Innovationen bei Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen etwa bei Hausfassaden erforscht. Sparber hat das Institut aufgebaut und schart mittlerweile rund 120 Forscherinnen und Forscher um sich.
Oberösterreichische Nachrichten