Zugverkehr-Feinstaub: TU Graz erhob relevante Emissionen

23. Juli 2024, Graz/Augsburg
Hälfte des täglichen Feinstaub-Grenzwertes allein durch Züge
 - Ingolstadt, APA (dpa)

Wenn tonnenschwere Waggons über die Schienen donnern, dann spielt sich zwischen den Rädern und Gleisen einiges ab. Abrieb zum Beispiel. Die Feinstaubemissionen aus dem Abrieb von Zügen wurden von Forschenden der TU Graz untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Emissionen an Bahnhöfen und Abschnitten mit Geschwindigkeitsbeschränkung beachtlich sein können. Bei Tests auf der Strecke lagen sie im deutschen Testgebiet im Tagesmittel bei 50 Prozent des gesetzlichen Grenzwertes.

Schwebstoffe mit einem aerodynamischen Durchmesser von unter 10 Mikrometer werden als Feinstaub (PM10) bezeichnet. Diese Partikel sind klein genug, um eingeatmet und in der Lunge abgelagert zu werden, was die Lungenfunktion beeinträchtigen kann, wie Daniel Fruhwirt vom Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme der TU Graz gegenüber der APA erklärte.

Im Allgemeinen gilt der Schienenverkehr als umweltfreundliches Verkehrsmittel. Doch neben den Abgasemissionen treten ebenso nicht-verbrennungsbedingte Emissionen durch Reibung respektive Abriebprozesse auf. Und so produzieren Schienenfahrzeuge nicht vernachlässigbare Mengen an Feinstaub.

„Der Löwenanteil mit rund 75 Prozent entsteht beim Bremsen aber auch der Kontakt von Rad zur Schiene bis hin zum Abrieb vom Stromabnehmer an den Oberleitungen fällt ins Gewicht“, schilderte Fruhwirt. Während die Abriebemissionen von Straßenfahrzeugen gut untersucht sind, wurden jene von Schienenfahrzeugen bisher kaum betrachtet.

Um den genauen Anteil des beim Bremsen entstehenden Feinstaubs exakter quantifizieren zu können, wurden im Auftrag des Deutschen Zentrums für Schienenverkehrsforschung (DZSF) umfangreiche Messreihen in Augsburg durchgeführt. Die Forschenden untersuchten wie sich die Emissionen von den Schienen weg ausbreiten. Fruhwirt hat zusätzlich die Abriebemissionen am neuen Bremsenprüfstand der TU Graz untersucht. Kollegen in Mailand untersuchten den Abrieb des Fahrdrahtes und des Stromabnehmers, um die Feinstaubemissionen von Zügen an Oberleitungen quantifizieren zu können. Und bei der Berliner DB Systemtechnik nahm das Team den Rad-Schiene-Kontakt unter die Lupe.

Die Studie kommt zum Schluss, dass die sogenannten Non-Exhaust-Emissionen (Nicht-Abgas-Emissionen) des Schienenverkehrs einen relevanten Einfluss auf Luftgüte und Bodenverunreinigung haben: Entlang von Bahntrassen erreichten sie Werte von bis zu 25 Mikrogramm Feinstaub der Kategorie PM10 pro Kubikmeter als Tagesmittelwert. Das entspreche bereits der Hälfte des zulässigen Grenzwerts von 50 Mikrogramm je Kubikmeter, wie Fruhwirt darlegte.

Zwar geht die Belastung durch den Abrieb der Züge mit zunehmender Entfernung von den Bahntrassen – ab etwa zehn Metern – rasch zurück, doch die Feinstaubpartikel gelangen auch in den Boden und Gewässer und lagern sich dort ab. Hinzu komme, dass in den Abriebemissionen von Eisenbahnen der Schwermetallanteil wesentlich höher als bei anderen Verkehrsträgern ist, was sich in stärker belasteten Ablagerungen niederschlägt. Die am Projekt beteiligten Chemikerinnen und Chemiker des DZSF haben solche Rückstände in Gewässern nachgewiesen.

Die Forschenden halten es für wichtig, dass bei der Bremszertifizierung in Zukunft auch das Emissionsverhalten beurteilt wird. Bei steigenden Fahrfrequenzen, hohen Geschwindigkeiten und tonnenschwer beladenen Waggons werde das gute Zusammenspiel zwischen Schiene, Bremsen, Fahrdraht und Zug immer wichtiger, so Fruhwirt.

Durch eine neue Generation von Bremsbelägen aus Kompositmaterialien, die die emissionsreichen Graugussbeläge ablösen, komme es sukzessive zu Verbesserungen der Emissionen. Deutschland habe beispielsweise schon 2021 die Grauguss-Bremsklotzsohlen verboten – auch hinsichtlich der Lärmbelastung, die von ihnen ausgehe. Österreichische Bahnen würden umrüsten, „durch Österreich fahren allerdings auch Züge aus anderen Ländern, in denen das Verbot nicht gilt“, gab Fruhwirt zu bedenken. Hier hält der Experte etwa zusätzliche Gebühren bei Verwendung solcher Bremsklötze für sinnvoll, um indirekt zur Umrüstung zu motivieren.

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