Glühend roter Stahl und grüner Wasserstoff

30. Juli 2024

Energie. Festoxid-Elektrolyseure könnten künftig hocheffizient viel Wasserstoff produzieren. Dazu nutzen sie die Abwärme aus der Industrie. Das Grazer Unternehmen AVL entwickelt Anlagen in großem Maßstab

Wasserstoff wird als eines der Schlüsselelemente für das Energiesystem der Zukunft gesehen. Um es mithilfe erneuerbarer Energie herzustellen, braucht es Elektrolyseure. Sie spalten Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff auf. Es gibt dabei unterschiedliche Methoden. Eine besonders Vielversprechende nennt sich Festoxid-Elektrolyse. Das Grazer Unternehmen AVL List hat nun angekündigt, gemeinsam mit einem Partner Wasserstofferzeugungsanlagen entwickeln zu wollen, die mit mehreren Megawatt Leistung arbeiten und einen Wirkungsgrad von 90 Prozent erreichen sollen.

Weniger Stromverbrauch

Von anderen Elektrolyseverfahren unterscheiden sich „Solid Oxide Electrolyzer Cells“ (SOEC) unter anderem durch die hohe Temperatur, bei denen die Wasserspaltung abläuft. 600 bis 800 Grad heiß muss der Wasserdampf sein. Durch die hohe Hitze benötigt die SOEC aber weniger Stromzufuhr. „Daraus resultiert ein Effizienzvorteil von 20 bis 30 Prozent im Vergleich zu konventionellen Verfahren“, sagt Jürgen Rechberger, Leiter des Geschäftsfeldes Wasserstoff bei AVL.
Ideal kombinieren lässt sich das SOEC-Verfahren mit Abwärme aus Industrieprozessen. „Es kann etwa Prozessabwärme aus der Stahlproduktion verwendet werden, um Wasser zu verdampfen“, sagt Rechberger. Zur Wärmeerzeugung müsse kein Strom aufgewendet werden, was Wirkungsgrade im Bereich von 90 Prozent erlaube. Neu ist SOEC nicht. Die Technologie wird seit den 80er-Jahren erforscht. Lange Zeit hatte man aber mit der Stabilität zu kämpfen.
Die Leistung nahm mit der Zeit ab, weil es zu Abnutzungserscheinungen kam. Nun stehe die Technologie aber „am Beginn der Industrialisierung“, sagt Rechberger. In den kommenden Jahren sollen weltweit mehrere Fabriken für SOEC-Elektrolyseure entstehen. AVL sei „global gesehen ein absoluter Vorreiter“.

E-Fuel-Produktion

Das in Estland und Finnland ansässige Unternehmen Elcogen, mit dem AVL nun eine Partnerschaft eingegangen ist, hat sich auf die Entwicklung von SOEC spezialisiert. AVL will sich auf die Produktion kompletter Anlagen zur Wasserstoff- und E-Fuel-Produktion konzentrieren.

Der erzeugte Wasserstoff kann nämlich mit Kohlendioxid kombiniert werden, um synthetische Kraftstoffe zu erzeugen. E-Fuels werden in Zukunft etwa als „Sustainable Aviation Fuel“ für die Dekarbonisierung der Luftfahrt benötigt.
Gemeinsam mit einem anderen Partner hat AVL bereits eine SOEC-Anlage hergestellt, die Wasserstoff mit ein Megawatt Leistung produziert. „Der entscheidende nächste Schritt ist nun die Hochskalierung und Industrialisierung der Technologie“, sagt Rechberger. Für SOEC werden in geringem Umfang seltene Erden benötigt, aber keine teuren Edelmetalle wie Platin oder Iridium, wie sie etwa die PEM-Elektrolyse (siehe links) verlangt.

Europa habe laut Rechberger derzeit noch die Technologieführerschaft in diesem Bereich, weshalb Entwicklungen auf dem Gebiet auch von der EU gefördert werden. Der internationale Konkurrenzdruck steige aber: „Andere Regionen sind bei Wasserstofftechnologien schneller in der Umsetzung.“

Kurier