Klimafitte Kühlung im Parlament dank Donauwasser

5. August 2024, Wien
Ein Lüftungselement im Boden des Sitzungssaales des Nationalrates
 - Wien, APA/ROLAND SCHLAGER

Wenn die Sommerhitze ihre klimatisch bedingten Extreme erreicht, ist das Wasser der Donau für viele Wiener eine willkommene Abkühlung. Am Beispiel des Donaukanals zeigt sich, dass man dafür nicht unbedingt in direkten Kontakt mit dem Nass kommen muss. Die Rede ist vom Fernkältesystem der Bundeshauptstadt, das sich weiterhin im Ausbau befindet und unter anderem auch das Parlament auf nachhaltige Weise abkühlt.

„Moderne Technik hinter alten Mauern“ – unter diesem Motto wurde das im 19. Jahrhundert erbaute Parlamentsgebäude in Wien im Zuge der mehrjährigen Sanierung an den Fernkälte-Ring der Wien Energie angeschlossen. Laut deren Angaben kann Fernkälte im Vergleich zu herkömmlicher Klimatisierung im Schnitt 70 Prozent an Energie und 50 Prozent CO2 einsparen. Die Kühlung erfolgt im Gegensatz zu konventionellen Klimaanlagen also auf „klimafitte“ Weise.

Ebenso produziert die Fernkälte im Gegensatz zu dezentralen Kühlungssystemen keine Abwärme vor Ort und trägt so weniger zur ohnehin starken Erhitzung im innerstädtischen Raum bei. „Die Fernkälte kommt dabei – aufgrund der Nähe – vorrangig aus der Fernkältezentrale Schottenring. Bei der Fernkältezentrale Schottenring nutzen wir das Wasser des Donaukanals für die Rückkühlung“, hieß es von der Wien Energie GesmbH gegenüber der APA.

Es handle sich hier um unterschiedliche Wasserkreisläufe: jener vom Donaukanal zur Fernkältezentrale, jener von der Fernkältezentrale zu den Abnehmern (Fernkälte-Ring) und jener in den jeweiligen Gebäuden, also in diesem Fall dem Parlamentsgebäude. Obwohl also der Donaukanal am Anfang steht, fließt kein Wasser aus diesem durch das Kühlsystem des Parlaments. Vor Ort wird das kalte Wasser über eigene Kühlsysteme, etwa über Rohre in den Wänden oder Gebläsekonvektoren, im Gebäude verteilt und so die Raumtemperatur gesenkt. Gebläse sind dabei wirkungsvoller als Flächenkühlungen, weil sie die Luft nicht nur kühlen, sondern auch gleich entfeuchten.

Erneuert wurde unter dem Baumanagement der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) indes nicht nur die Kühlung des nach den Plänen von Theophil Hansen von 1874 bis 1883 erbauten Gebäudes, das im Vorjahr wieder eröffnet wurde. Auch das Belüftungssystem wurde mit vier Hauptlüftungsanlagen über 30 kleineren Anlagen modernisiert und in das Gesamtsystem integriert und sorgt so für eine stetige Durchlüftung bei den Plenarsitzungen des Nationalrats. „Die Anlagen saugen die Luft am Dach an, filtern sie und sorgen für eine Rückgewinnung von Kalt- oder Warmluft“, erläutert Wien Energie.

Der Fernkälte-Ausbau geht jedenfalls weiter, erst am vergangenen Mittwoch gab Wien Energie bekannt, dass derzeit im Keller des Naturhistorischen Museums in Wien eine weitere Fernkältestation entsteht. Und erst im Juni wurde der Fernkälte-Ring unterhalb der Wiener Ringstraße geschlossen und damit die Grundlage für eine künftige flächendeckende Versorgung der Wiener Innenstadt geschaffen. Aktuell werden laut den Angaben rund 200 Gebäude über ein Netz von 30 Kilometern Fernkälteleitungen versorgt. Bis 2030 soll die Fernkälte-Kapazität von etwa 200 Megawatt auf 370 Megawatt nahezu verdoppelt werden.

Zu den bereits mit Fernkälte versorgten Gebäuden am Ring zählen unter anderem noch die Universität Wien, das Rathaus, die Staatsoper, das Museum für angewandte Kunst (MAK) sowie zahlreiche Hotels. Auch mehrere hundert Neubauwohnungen, beispielsweise im Nordbahnviertel oder rund um den Hauptbahnhof, kühlen bereits mit Fernkälte.

APA