Eine Million Dächer mit Photovoltaik soll es bis 2030 geben. Im ersten Halbjahr lief der Ausbau gut, bei Großanlagen geht es langsamer.
Der Photovoltaikausbau geht in Österreich ungebremst weiter. Fast. Im Vergleich zum Boom 2023, als die hohen Strompreise und Rekordförderungen einen nie gekannten Wettlauf um Sonnenkraftwerke ausgelöst hatten, hat sich der Markt „normalisiert“, heißt es vom Branchenverband Photovoltaik Austria. Sollte sich der Trend fortsetzen und im Gesamtjahr zwei Gigawatt (GW) Leistung dazukommen, wäre das Plansoll erfüllt, das sich die Politik für Solarstrom bis 2030 bzw. 2040 vorgenommen hat.
Konkret wurden im ersten Halbjahr 2024 rund 42.500 Anlagen mit einer Leistung von insgesamt einem GW neu installiert bzw. in Betrieb genommen, geht aus dem aktuellen Quartalsbericht der E-Control zu den Netzanschlüssen hervor. Das sei weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, aber mehr als 2022, betont der Branchenverband. Die Mehrwertsteuerbefreiung für PV-Anlagen habe sich als Förderinstrument bewährt und sollte daher über das Jahr 2025 hinaus verlängert werden, sagt PV-Austria-Geschäftsführerin Vera Immitzer.
Zurückhaltung gibt es demnach in erster Linie beim Gewerbe. Die Anträge für größere Anlagen, die typischerweise auf Werkshallen Platz finden, mit 20 bis 250 Kilowatt-Peak (kWp), sind wohl in Folge der schwächelnden Konjunktur in den ersten sechs Monaten um gut ein Drittel eingebrochen. Hier müsste die Politik neue Anreize setzen, lautet eine weitere Forderung an die nächste Regierung. Das Wichtigste sei aber, rasch das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz zu beschließen, das an Differenzen innerhalb der türkis-grünen Regierung gescheitert ist, betont Immitzer.
Für die niederösterreichische Suntastic-Gruppe kommen Überlegungen, den Markt wieder stärker anzukurbeln, zu spät. Das Unternehmen, das Photovoltaikprojekte umsetzt und mit Modulen und Komponenten handelt, musste Anfang Juni Insolvenz anmelden – nicht zuletzt, weil das Warenlager, das in Folge der Lieferprobleme während Covid und des Booms prall gefüllt war, um drei Viertel abgewertet werden musste.
Etwas kompensiert wird der Rückgang bei mittelgroßen Sonnenstromanlagen durch wenige größere. Nachdem 2023 kein einziger Antrag für PV über 35 Megawatt gekommen war, waren es im ersten Halbjahr drei. Ein großes „Hybrid“-Projekt ist im zweiten Halbjahr im Nordburgenland, nahe der ungarischen Grenze, ans Netz gegangen: Auf 13 Hektar hat der Windkraftpionier Püspök 23.000 Paneele mit einer Leistung von 14 MW in Betrieb genommen – kombiniert mit landwirtschaftlicher Flächennutzung. Rund 100 Schafe sorgen für die Beweidung der Fläche. Noch heuer sollen ganz in der Nähe weitere 68 MW dazukommen – ebenfalls zwischen Windrädern – und 2025 auch Speicher. Bis 2026 will das Familienunternehmen auf 400 MW PV-Leistung kommen. „Wir sind gut aufgestellt“, sagt Sprecherin Elanur Gülec. Im Burgenland allein werde sich das jedoch nicht ausgehen.
Die Salzburg AG hat im März ebenfalls eine erste Agri-PV-Anlage bei Eugendorf in Betrieb genommen. Hier sind keine Schafe am Werk, sondern kann das Grünland weiter gemäht werden, weil die 4500 PV-Paneele senkrecht montiert sind. Im nördlichen Flachgau im Gemeindegebiet von Göming bei Oberndorf ist bereits ein weiterer Agri-Solarpark auf den Wiesen eines Landwirts geplant. „Die Salzburg AG ist Schrittmacherin der Energiewende und prüft alle Formen der erneuerbaren Energiegewinnung“, sagt deren Sprecher Michael Frostel. Das Projekt soll eine ähnliche Größenordnung haben, allerdings mit beweglichen Modulen, die sich nach dem Sonnenstand ausrichten.
Weiter warten heißt es auf den angekündigten „Made in Europe“-Bonus für Photovoltaikanlagen über 35 kWp. Die Details, unter welchen Umständen es bis zu 20 Prozent mehr Förderungen für Module und Komponenten europäischer Herkunft gibt, werden im Klimaministerium erst ausgearbeitet. „Die Frage ist, ob sich das vor dem nächsten Fördercall im Oktober noch ausgeht“, sagt Immitzer.
Fortschritte gab es im ersten Halbjahr auch bei Stromspeichern. Rund 6300 wurden angeschafft, um PV-Anlagen zu ergänzen. Wegen der geringen Einspeistarife versuchen Haushalte und Betriebe, den eigenen Strom besser zu nutzen. Die meisten Speicher sind klein, weil es Subventionen nur bis 50 kW und in Kombination mit einer PV-Anlage gibt. Hier sollte die neue Regierung ebenfalls „ins Tun kommen“, fordern Branchenvertreter, und die Mehrwertsteuer aussetzen.
von Monika Graf
Salzburger Nachrichten