Energie. An der Spitze von Österreichs größtem Stromkonzern fliegen die Funken,Probleme gibt es mit der neuen Vorstandsdirektorin, zwei Top-Manager sind schon gegangen
Erstmals seit elf Jahren hat der Verbund, Österreichs größter Stromkonzern, wieder eine Frau im Vorstand. Höchste Zeit, würde man meinen, Frauen-Power kann jedem Unternehmen nur guttun, und erst recht dem mehrheitlich staatlichen Energieversorger. Ist die Branche doch traditionell stark männlich dominiert.
Der Abgang der letzten Vorstandsdirektorin verlief schließlich nicht friktionsfrei. UlrikeBaumgartner-Gabitzer, ehemalige Kabinettschefin von Wolfgang Schüssel als Vizekanzler und ÖVP-Abgeordnete, hatte sich nach 26 Jahren in der Energie-Wirtschaft nicht ganz freiwillig verabschiedet.
Eine Frau muss wieder her, dachten offenbar der Präsident des Verbund-Aufsichtsrates, der Vorarlberger Industrielle MartinOhneberg und dessen Stellvertreterin Edith Hlawati, Allein-Vorständin der Staatsholding ÖBAG. Gleichzeitig mit der Verlängerung der drei Vorstände, Michael Strugl (CEO), Peter Kollmann und Achim Kaspar, zog zu Jahresbeginn 2024 Susanna Zapreva-Hennerbichler ein.
Heute haben Ohneberg und Hlawati ein gröberes Problem mit dieser Bestellung. Im Vorstand geht es rund, zwischen den drei Managern und Zapreva-Hennerbichler gibt es heftige Auseinandersetzungen.
Mobben hier womöglich eingespielte Manager ihre neue Kollegin? Man kennt solche Fälle aus anderen Unternehmen. Das scheint im Verbund, der nie als frauenfeindlich auffiel und den Frauenanteil in Management und Belegschaft in den vergangenen Jahren deutlich erhöhte, nicht der Fall zu sein. Im Gegenteil. Die diplomierte Elektrotechnikerin und Betriebswirtin scheint, freundlich ausgedrückt, etwas schwierig in Sachen Zusammenarbeit und Mitarbeiter-Führung zu sein. So hört man es einhellig aus Unternehmen, Aufsichtsrat und Eigentümerkreisen.
Der Führungsstil der sehr selbstbewusst auftretenden Vorständin, zuständig für die Wachstumsbereiche Windkraft, Photovoltaik und Wasserstoff, sei autoritär, nicht teamorientiert und besserwisserisch. Die Mitarbeiter-Führung sei „schlichtweg katastrophal“, bedauert ein Aufsichtsrat, der von einer One-Woman-Show spricht. Die neue Verbund-Vorständin sei „hochintelligent, fachlich versiert und hat gute Ideen, aber mit der Umsetzung im Team hapert es“. Sollten die Interessen jedoch gleichauf liegen, „geht sie gemeinsam durch dick und dünn. Das zeichnet sie andererseits aus“.
Zwei Top-Manager direkt unter dem Vorstand haben jedenfalls genug. Einer ging sehr bald nach Amtsantritt der neuen Chefin, eine Managerin geht mit Jahresende. Beide waren im Bereich von Zapreva-Hennerbichler.
Dabei hat die 51-Jährige eine Bilderbuch-Karriere hingelegt. Nach dem Beginn in der Beratung bis 2016 Geschäftsführerin der Wien Energie. Doch schon dort flogen die Fetzen im Management. Sodass bei den sehr kontroversiellen Debatten ein Mediator eingeschaltet wurde.
Finanzminister dagegen
Nach ihrem Abgang in Wien ging Zapreva-Hennerbichler nach Hannover und dockte beim Regionalversorger enercity AG als Vorstandsvorsitzende an. Im Vorjahr bewarb sie sich um den neu ausgeschriebenen, vierten Vorstandsposten im Verbund-Konzern. Vorgabe des Aufsichtsratspräsidiums: Eine Frau mit Kompetenz in Erneuerbarer Energie. Der Verbund will bis 2030 ein Viertel der gesamten Energieproduktion aus Photovoltaik und Windkraft erzielen.
Zapreva-Hennerbichler legte unter den rund 30 Bewerbern die beste Präsentation hin, Headhunter Spencer Stuart hatte international gesucht.
„Ja, wir haben Diskussionen im Vorstand. Aber es sind gute Diskussionen, die zu guten Lösungen führen“, mehr will Zapreva-Hennerbichler gegenüber dem KURIER nicht sagen. Verbund-Chef Strugl kalmiert: „Wir haben ein sehr konstruktives, professionelles Arbeitsverhältnis und eine gute Zusammenarbeit“.
Ist ja nicht so, dass im parteipolitisch fein austarierten Vorstand in der Vergangenheit nur Harmonie und Glückseligkeit geherrscht hätten. Fast immer gab es tiefe Grabenkämpfe an der Spitze, zuletzt unter CEO Wolfgang Anzengruber (ÖVP). Ebenso in der Phase des späteren SPÖ-Bundeskanzlers Christian Kern.
Noch-Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), vormals selbst in der Energie-Wirtschaft tätig, soll übrigens gegen eine Aufstockung des Verbund-Vorstandes und von der Auswahl des Aufsichtsrates nicht begeistert gewesen sein. Zoff im Management kann sich der Energiekonzern jetzt schon gar nicht leisten, die fetten Rekordjahre sind vorläufig vorbei.
von Andrea Hodoschek
Kurier