E-Control gegen Förderung für Solaranlagen

17. Oktober 2024, Wien

Energie. Das Land baut massiv Erneuerbare zu – und zahlt dafür weniger. Geht es nach der E-Control, kann der Bund bei der Energiewende noch mehr sparen.

Kleine Erfolgsgeschichte gefällig? E-Control-Chef Alfons Haber hat eine auf Lager: Im Vorjahr hat Österreich 140.000 neue Solarkraftwerke zugebaut, die zusammen eine Engpassleistung haben wie alle Donaukraftwerke zusammen. In Summe erzeugte Österreich 2023 so viel Ökostrom, dass es damit 92 Prozent seines Inlandsbedarfs decken konnte, berichtete Haber am Dienstag. Doch einen Haken gibt es: Die Jubelmeldung stimmt nur, wenn man die Lage bilanziell über das ganze Jahr betrachtet. In der Realität ist das Land aber spätestens ab dem Herbst bis in den Frühling hinein auch weiterhin auf fossile Gaskraftwerke oder Grau-Stromimporte angewiesen. Oder um es am Beispiel der 140.000 neuen Solaranlagen zu demonstrieren: Obwohl sie eine ebenso hohe Maximalleistung wie die Wasserkraftwerke an der Donau haben, produzieren sie (mangels Dauerbesonnung) nur ein Viertel so viel Strom.

Hohe Preise, Geld zurück?

Aber dennoch erlebt der Ausbau der Erneuerbaren einen „nie dagewesenen Boom, der auch nicht mehr verschwinden wird“, betont auch E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Im aktuellen EAG-Monitoringbericht seiner Behörde zeigt sich ein Plus von 5209 Megawatt bei der installierten Ökostrom-Leistung und von 832 Gigawattstunden erzeugter Elektrizität. Das Beste daran: Die Förderkosten für diesen grünen Boom sind deutlich niedriger als in vielen Jahren zuvor.

152 Millionen Euro an Förderungen für Ökostromanlagen nach dem alten Ökostromgesetz musste der Staat 2023 zuschießen, weitere 32 Millionen Euro flossen an Anlagen nach dem neuen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Zum Vergleich: Vor wenigen Jahren waren auch Zuschüsse in Höhe einer knappen Milliarde Euro keine Seltenheit.
Der Verfall der Förderkosten ist vor allem eine Folge der höheren Energiepreise. Verkürzt gesagt gilt: je höher der Marktpreis, desto niedriger der notwendige Zuschuss der öffentlichen Hand. Im Jahr 2022 waren die Preise an den Börsen sogar so hoch, dass die Republik mit der Förderung von Ökostrom 109 Millionen Euro verdienen konnte, weil sie die erzeugten Mengen teurer auf dem Markt weiterverkaufen konnte.

Fälle wie diese soll es nicht mehr geben, fordert die Wirtschaftskammer Österreich in ihrem „Masterplan Energie“, der der „Presse“ im Entwurfsstatus vorliegt. Darin heißt es unter anderem, dass Mehreinnahmen der Ökostrom-Abwicklungsstelle Oemag an die Unternehmen und Haushalte zurückbezahlt werden müssten. Zudem verlangt die Kammer die Beibehaltung des Förderdeckels von einer Milliarde Euro im Jahr. Die Erneuerbarenbranche sieht auch darin einen Anschlag auf die Energiewende.

Auch E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch hält eine Rückzahlung von Mehreinnahmen für unnötig, da die Gewinne eben für Förderungen in den Folgejahren verwendet würden und so die jährlichen Zuschüsse der Stromkunden verringerten. Die Aufregung um den Milliarden-Deckel teilt er hingegen nicht: „So wie sich der Förderbedarf zeigt, sind wir auch in Zukunft weit von der Milliarde entfernt.“

Umso mehr, wenn sich die kommende Regierung angesichts des budgetären Drucks außerdem Gedanken darüber macht, welche Ausgaben sie sich auch im Energiebereich ersparen könnte. Geht es nach Urbantschitsch, wäre die Photovoltaikbranche ein heißer Kandidat dafür. Anders als bei Wind und Wasser hat Österreich seine Ziele beim Solarausbau übererfüllt. Und das bringt auch Probleme mit sich. Private Haushalte erzeugen mittlerweile so viel Solarenergie, dass sie damit die Stromnetze bereits in Bedrängnis bringen. „Für kleine Solaranlagen werden wir keine Förderung mehr brauchen“, sagt der E-Control-Chef. Die Investition rechne sich für die Hausbesitzer auch so. Sollte die kommende Regierung dennoch daran festhalten wollen, müsse gesichert sein, dass die Netzbetreiber die Anlagen am unkontrollierten Einspeisen hindern können. Ansonsten birgt der Solarboom die Gefahr, dem Land mehr zu schaden als zu nützen.

von Matthias Auer

Die Presse