Österreichs Stromerzeugung kommt schon zu 92 Prozent aus Erneuerbaren, berichtet die E-Control.
Was vor wenigen Jahren wie eine Utopie geklungen hat, wird schneller Realität als erwartet: Österreichs Strom könnte unter guten Voraussetzungen schon bald zu hundert Prozent aus Wasserkraftwerken, Windparks oder Fotovoltaikanlagen kommen – zumindest bilanziell, bei simpler Gegenrechnung von Erzeugung und Verbrauch. 2023 sorgten die Erneuerbaren schon für 92 Prozent der Stromproduktion, nach 72 Prozent im Jahr 2022.
„Wir sind näher und rascher ans Ziel herangekommen“, so E-Control-Vorstand Alfons Haber. Die Politik hat für die Zielerreichung von hundert Prozent 2030 gesteckt. Dann kam der PV-Boom: „Die 140.000 neuen PV-Anlagen kommen auf eine Engpassleistung wie alle Donaukraftwerke zusammen“, so E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. „Das ist so, als ob wir die ganze Donau in einem Jahr ausgebaut hätten.“ Wobei die Donaukraftwerke für eine ganz andere Grundleistung im Netz sorgen, weil sie rund um die Uhr liefern.
Die Zahlen mit einer zusätzlichen Leistung von 2,5 Gigawattstunden Sonnenstrom und zusätzlichen 263 Megawatt Windstrom sprechen Urbantschitsch zufolge für sich. „Der Ausbau der Erneuerbaren erlebt einen nie dagewesenen Boom“, sagt er. „Das ist nicht nur ein Trend, es handelt sich um eine nachhaltige Entwicklung.“ Die Förderungen für den Ausbau hält er übrigens nicht für den entscheidenden Faktor. „Der zweite, wesentliche Grund und ganz zentrale Treiber ist der Umstand, dass die Menschen einen Beitrag leisten wollen zur Abkehr von fossilen Energieträgern, insbesondere auch vom russischen Gas.“ Als dritten Grund nennt er bei privaten PV-Anlagen, dass man die persönliche Abhängigkeit ein Stück weit reduzieren und Geld sparen könne.
PV-Anlagenbesitzer verbrauchen etwa die Hälfte des produzierten Stroms selbst. Die Zahl der Energiegemeinschaften mit gegenseitigem Strombezug schnellte von Mitte 2023 bis Mitte 2024 von 364 auf 1650 in die Höhe. Kleinere Anlagen würden sich so gut rechnen, dass man weitere Förderungen an eine Drosselungsmöglichkeit koppeln müsse. Denn zuletzt hatte die Überproduktion von Sonnenstrom vor allem mittags die Marktpreise in den Keller geschickt. Insgesamt wurden im Vorjahr 185 Millionen Euro Fördergeld vergeben. „Kein Vergleich zu Spitzenbeträgen von bis zu 800 Millionen vor vielen Jahren“, so Urbantschitsch. Durch die Preissituation hatte die ÖMAG als Förder- und Stromvermarktungsstelle Ende des Vorjahres 109 Millionen Plus in der Kasse. Die Wirtschaftskammer fordert die Rückverteilung. Aus Sicht der E-Control sollte das Geld lieber im Kreislauf bleiben und für den weiteren Erneuerbaren-Ausbau eingesetzt werden.
Ob heuer der Spitzenwert von 92 Prozent Stromerzeugung aus Erneuerbaren wieder erreicht wird, ist offen. Denn dafür wird noch die Wasserführung der Flüsse eine wichtige Rolle spielen.
von Claudia Haase
Kleine Zeitung