Enttäuschte Erwartungen

31. Oktober 2024

Erneuerbaren Energien gehört die Zukunft, hieß es. Doch an den Börsen machten Fonds, die auf Solar- oder Windkraft setzen, zuletzt gewaltige Verluste. Womit das zusammenhängt und was Anleger aus diesem Schock lernen können.

Es war ein verlockendes Versprechen: mit gutem Gewissen in erneuerbare Energien investieren, das Klima retten und nebenbei noch eine Menge Geld verdienen. Viele, die Erspartes hatten, sprangen in den vergangenen Jahren auf den Hype auf, investierten in grüne Aktien und Fonds und empfahlen auch anderen einzusteigen.

Der Optimismus beflügelte einen Boom an den Börsen. Von Anfang 2019 bis Ende 2022 stieg der Kurs des iShares Global Clean Energy ETF, der in vielen der größten Solar- und Windunternehmen investiert ist, um beinahe das Dreifache.

Für viele verwandelte sich der grüne Traum jedoch schnell in einen Albtraum. 2023 stürzten erneuerbare Energien an den Börsen gewaltig ab. Der iShares Global Clean Energy verlor seit seinem Höchststand im Jahr 2021 rund 60 Prozent seines Wertes. Viele, die ihre Aktien oder Fonds nicht rechtzeitig wieder verkauft hatten, saßen von einem Moment auf den anderen auf gewaltigen Verlusten.

Große Risiken

„Themenfonds, also Fonds, die nur in Unternehmen investieren, die sich auf ein bestimmtes Thema wie etwa erneuerbare Energien konzentrieren, sind immer wieder extremen Auf- und Abschwüngen unterworfen“, sagt Ali Masarwah, Finanzexperte und Geschäftsführer der Fonds-Plattform Envestor. Das treffe noch mehr auf Fonds wie etwa den iShares Global Clean Energy zu, der sich hauptsächlich auf Solar- und Windkraftunternehmen konzentriert und nicht auch andere grüne Sektoren miteinschließt, die für die Energiewende ebenfalls essenziell sind. Für Anleger bedeutet ein so enger Fokus bei Fonds ein großes Risiko.

Hinzu komme, dass die meisten Anleger erst dann in solche Themenfonds einsteigen, wenn die Kurse schon stark gestiegen sind und ihren Höhepunkt wahrscheinlich schon hinter sich haben. „Erneuerbare Energien wurden an den Börsen vor allem nach der Klimakonferenz in Paris extrem gehypt, die Branche profitierte von niedrigen Zinsen, ambitionierten Projekten und staatlichen Förderungen“, sagt Masarwah.

Später stellte sich heraus, dass viele Solar- und Windkraftprojekte zu knapp kalkuliert waren. Da auch die Zinsen gestiegen sind, konnten viele Wind- und Solarunternehmen nicht mehr so leicht Kredite aufnehmen und ihre Projekte finanzieren.

Ein weiteres Problem: Neue Solar- und Windkraftanlagen sind zwar für die Energiewende gut, die immer niedrigeren Stromkosten helfen den Unternehmen aber nicht, Gewinne zu machen. Gleichzeitig macht vielen auch die geopolitische Situation Sorgen, weil die Lieferketten bei grünen Technologien stark von China abhängig sind. Handelskriege und Zölle verderben vielen Solar- und Windkraftunternehmen sehr schnell das Geschäft.
Wer in Themenfonds investiert, sollte sich gut mit dem Thema auskennen, rät Masarwah. Hat man die falsche Entscheidung getroffen, sollte man auch bereit sein, die Reißleine zu ziehen. „Der typische und zugleich teuerste Anlegerfehler ist, dass man viel zu lange an einem Investment festhält.“ Wer sich Fehler rechtzeitig eingestehe, könne weitere Verluste vermeiden. Das trifft auch auf erneuerbare Energien zu, die zwar wichtig, aber nicht immer so lukrativ sind wie erhofft.

Der Standard