Italiens Regierung plant für Rückkehr zur Atomenergie

17. Jänner 2025, Rom
Meloni setzt auf Kernfusion als Zukunftsenergie
 - Abu Dhabi, APA/AFP/UAE PRESIDENTIAL COURT

Die italienische Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni will bis Ende Jänner ein Rahmengesetz verabschieden, mit dem sich Italien nach 40 Jahren wieder der Atomenergie öffnen soll. Geplant ist die Gründung einer Behörde, die den Umgang mit Atomkraftwerken und die Entsorgung von Atommüll kontrollieren soll. Außerdem sind Anreize für Forschung im Atombereich und Kampagnen geplant, um die Italiener für die Bedeutung der Atomenergie zu sensibilisieren.

Etwa zwei Jahre werde es dauern, bis der Rechtsrahmen für den Start von Kernkraftwerken fest steht, berichtete die Mailänder Tageszeitung „Il Giornale“ am Freitag. Die ersten Reaktoren könnten daher Anfang der 2030er-Jahre in Betrieb genommen werden. Laut dem italienischen Energieminister Gilberto Pichetto Fratin ist es „ohne Atomenergie nicht möglich, die Stromerzeugung zu dekarbonisieren und die Energiesicherheit des Landes zu gewährleisten“.

Meloni schwärmt in Abu Dhabi von Kernfusion

Auf dem Weltgipfel für Zukunftsenergien in Abu Dhabi hob Premierministerin Meloni am Donnerstag die strategische Rolle der Kernfusion hervor und bezeichnete sie als eine Lösung, mit der „saubere, sichere und unbegrenzte Energie erzeugt werden kann“. Atomenergie könne dank der neuen Technologien zu einer weithin zugänglichen Ressource werden. Tatsächlich liegt die technische Realisation von Fusionsreaktoren derzeit aber noch in weiter Ferne.

Der italienische Industrieminister Adolfo Urso unterstrich die Bedeutung eines „pragmatischen und rationalen Ansatzes“ zur Sicherung der Energieunabhängigkeit Italiens. Er sprach sich für die Gründung eines nationalen Konzerns mit öffentlicher Mehrheit mit Großunternehmen wie Enel, Ansaldo Nucleare und Leonardo aus, der die neueste Generation von Kernreaktoren, wie den Small Modular Reactor (Smr), der als „sicher, sauber und modular“ beschrieben wird, produzieren und betreiben soll. Diese Anlagen, die auf Containern transportiert und auf Wunsch der Unternehmen installiert werden können, gelten als innovative Antwort auf den Energiebedarf. Es handelt sich dabei um Technologien, die weit entfernt sind von den großen Kraftwerken der dritten Generation, die in Italien in den 1980er-Jahren geschlossen wurden.

Mögliche Rückkehr zur Kernenergie sorgt in Italien für Debatten

Die mögliche Rückkehr zur Kernenergie sorgt in Italien allerdings für Debatten. Die Abgeordneten Ilaria Fontana und Emma Pavanelli von der oppositionellen Fünf-Sterne-Bewegung kritisierten die „enormen Kosten“, die mit der Kernenergie verbunden seien. „Die Bürger und Unternehmen zahlen schon jetzt viel Geld für Energie, weil wir sie mit Gas erzeugen. Mit Kernenergie werden die Kosten noch mehr steigen“, warnten die beiden Parlamentarierinnen.

Die Italiener hatten sich 1987 – ein Jahr nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl – in einem Referendum für den Ausstieg aus der Atomenergie ausgesprochen. Die letzten Atomkraftwerke wurden 1990 stillgelegt. 2009 hatte der damalige Regierungschef Silvio Berlusconi angekündigt, wieder in die Kernkraft einsteigen zu wollen, legte sein Vorhaben nach der Katastrophe von Fukushima aber auf Eis. 2011 sprachen sich rund 94,5 Prozent der Italiener in einem weiteren Referendum gegen den Bau neuer Atomkraftwerke aus.

Die rechte Regierungspartei Lega setzt sich für ein Referendum zum Wiedereinstieg Italiens zur Produktion von Atomenergie ein. Damit könne Italien zurück zur „sauberen Kernenergie der neuesten Generation“ kehren, sagte Matteo Salvini, der Vizepremier und Vorsitzender der Lega ist. Italien sei von Nachbarländern umgeben, die Energie durch Kernkraftwerke erzeugen und damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber italienischen Unternehmen hätten.

APA