
Die weltweite Stromnachfrage wird bis 2027 voraussichtlich so stark wachsen wie seit Jahren nicht mehr, geht aus dem aktuellen Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) hervor. Für den Zeitraum 2025 bis 2027 prognostiziert die IEA ein jährliches Wachstum von fast 4 Prozent. Dies entspricht einem Anstieg des globalen Stromverbrauchs um etwa 3.500 Terawattstunden (TWh) – in etwa die jährliche Stromnachfrage eines Landes wie Japan.
Das Wachstum wird maßgeblich durch die steigende Industrieproduktion, den zunehmenden Einsatz von Klimaanlagen, die beschleunigte Elektrifizierung und den weltweiten Ausbau von Rechenzentren getrieben. Insbesondere Schwellenländer wie China und Indien tragen rund 85 Prozent zur Zunahme der Stromnachfrage bei. In China wird die Nachfrage in den kommenden Jahren um durchschnittlich 6 Prozent jährlich wachsen, während in Indien ein Anstieg um 6,3 Prozent prognostiziert wird. Die Experten der IEA rechnen, dass sich der Stromverbrauch von Rechenzentren in China bis zum Jahr 2027 verdoppeln könnte. Wobei die Industrie der Haupttreiber des Stromverbrauchs bleiben wird. Aber auch Sektoren wie die Herstellung von Solarmodulen, Batterien und Elektrofahrzeugen werden einen wesentlichen Anteil am Anstieg des Stromverbrauchs ausmachen. China erwartet im Jahr 2024 eine Nachfragesteigerung um über 300 TWh durch Industriebereiche. Dieser Anstieg entspricht dem Stromverbrauch Italiens.
Während die Stromnachfrage in vielen Schwellenländern in den kommenden Jahren steigen wird, hinkt Afrika nach Ansicht der Experten hinterher. Trotz erheblicher Fortschritte in den vergangenen Jahren haben 600 Millionen Menschen in Afrika südlich der Sahara immer noch keinen Zugang zu zuverlässiger Elektrizität.
Zusätzlicher Strombedarf in den USA und Europa überschaubar
In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften wie den USA und der EU steigt die Stromnachfrage nach Jahren der Stagnation wieder an. Vor allem die zunehmende Nutzung von Elektrofahrzeugen, Klimaanlagen, Wärmepumpen und Rechenzentren wird zu diesem Anstieg beitragen. Für die USA wird ein jährliches Wachstum von etwa 2 Prozent prognostiziert, wobei dies vor allem auf den höheren Verbrauch des Rechenzentrumssektors zurückzuführen sein wird. Das bescheidene Wachstum von 1,4 Prozent in der EU im Jahr 2024 wurde von den Sektoren Haushalte und Gewerbe getragen, etwa von einer verstärkten Nutzung von Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen sowie einer höheren Nachfrage von Rechenzentren. Im Gegensatz dazu blieb der Stromverbrauch der Industrie relativ konstant, nachdem er sowohl 2022 als auch 2023 um rund 6 Prozent gesunken war. Laut dem IEA-Bericht wird die Stromnachfrage in der EU nicht vor 2027 das Niveau von 2021 erreichen.
Die Stromerzeugung wird den globalen Anstieg der Nachfrage überwiegend durch erneuerbare Energien und durch Kernenergie decken. Wind-, Solar- und Wasserkraft werden voraussichtlich rund 95 Prozent des Nachfragewachstums bis 2027 abdecken, wobei die Photovoltaik mit einer Erhöhung der Kapazität um 600 TWh jährlich einen entscheidenden Beitrag leisten wird. In China sollte der rasche Ausbau der erneuerbaren Energien rund 90 Prozent des zusätzlichen Strombedarfs decken, so die Prognose der IEA. Aber auch die Kernenergie wird einen erheblichen Anteil der zusätzlichen Stromerzeugung ausmachen. Dazu wird einerseits die französische Kernenergieproduktion beitragen, andererseits aber auch die Wiederinbetriebnahme in Japan und die Inbetriebnahme neuer Reaktoren in Ländern wie China, Indien und Korea.
Die wachsende Stromnachfrage führt aber auch zu Herausforderungen hinsichtlich der Versorgungssicherheit – etwa nach Wetterextremen. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, bedürfe es einer robusten Infrastruktur und ausreichenden Speicherkapazitäten.
APA