Kleinwasserkraft drängt auf den Ausbau

14. Feber 2025

Der Verein der Kleinwasserkraft drängt Bund und Länder dazu, die Verfahren zu beschleunigen. In der Steiermark könnte die Stromproduktion um 50 Prozent gesteigert werden.


Sie bezeichnen sich selbst zwar als „klein“, doch Paul Ablinger schreibt der Kleinwasserkraft in Österreich die Rolle des „Rückgrats in der Energiewende“ zu, das „für Energiesicherheit sorgt“. Bereits jetzt erzeugen die rund 4150 in Österreich verteilten Anlagen, davon 699 in der Steiermark und 385 in Kärnten, sieben Terawattstunden (TWh) Energie bzw. zehn Prozent des jährlichen Bedarfs. Rein rechnerisch versorgt dieser Strom zwei Millionen Haushalte. Zahlenmäßig stellt die Kleinwasserkraft vier Fünftel der rund 5100 Wasserkraftwerke in Österreich, die wiederum für zwei Drittel der erneuerbaren Stromproduktion verantwortlich sind.


Doch der Geschäftsführer des Vereines „Kleinwasserkraft Österreich“ ortet viel größeres Potenzial, wie er im Gespräch mit der Kleinen Zeitung betont. In der Steiermark liegt laut Ablinger eine weitere Terawattstunde Strom brach. Würde sie genutzt, wäre dies eine 50-prozentige Steigerung der aktuellen 1,9 TWh. In Kärnten, so Ablinger, könnte ein Ausbau der Kleinwasserkraft zusätzliche 0,6 Terawattstunden zu den derzeitigen 0,9 TWh bringen. Bundesweit könnten innerhalb der nächsten zehn Jahre zu den sieben TWh weitere vier kommen.


Um dieses Potenzial zu heben, müsste freilich ein Ausbau in Gang gesetzt werden. „Wir haben in Österreichs Flüssen rund 70.000 Bauwerke, der Großteil davon ist ungenutzt“, erklärt Ablinger. Auf diesen bestehenden Strukturen, gemeint sind Querbauwerke wie Dämme, Wehren, Sohlschwellen und Geschiebesperren, ließe sich aufbauen. Weiters könnten Beschneiungsteiche in Skigebieten zu Pumpspeicherkraftwerken ausgebaut werden. „Da ist Infrastruktur wie Starkstromleitungen und Trafo meist bereits vorhanden“, sagt Ablinger. Ein dritter Hebel wäre die Revitalisierung und Modernisierung bestehender, teils bis zu 100 Jahre alter Anlagen.


„Wir würden uns wünschen, dass dies von Politik und Verwaltung mitgetragen wird“, sagt der Sprecher der Branche. Zuletzt pochte der Verein im Herbst, nach den Nationalratswahlen, auf die Umsetzung offener Punkte durch eine künftige Bundesregierung (die bis heute bekanntlich auf sich warten lässt). So trat 2023 die Renewable Energy Directive der EU in Kraft, die schnellere Verfahren und „Beschleunigungsgebiete“ für den Ausbau der Erneuerbaren vorsieht, Ablinger vermisst aber die Umsetzung dieser EU-Vorgaben durch den Bund und die Länder. Auch in der Steiermark und in Kärnten seien bis dato keine „Beschleunigungsgebiete“ definiert worden.


Drei bis vier Jahre dauere aktuell ein Genehmigungsverfahren für ein Kleinwasserkraftwerk, das sei zu lang. Üblicherweise durchlaufen diese Anlagen Einzelverfahren, eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist erst ab 15 Megawatt notwendig. Einen Vorteil ziehen die Betreiber daraus kaum, im Extremfall dauern Verfahren, so Ablinger, bis zu 15 Jahre. Die Branche gestaltet sich sehr heterogen; historisch befinden sich viele Kleingewerbetreibende unter den Kleinwasserkraftbesitzern, aber auch Gemeinden, Stadtwerke, Energieversorger und nicht zuletzt die Papier- und Holzindustrie.


Ein Ausbau wäre zudem ein Konjunkturprogramm, verweist der Branchensprecher auf das wirtschaftliche Jammertal, in dem sich Österreich befindet. Die Wertschöpfung würde – bei der ausgewiesenen Kompetenz für Wasserkraft in Österreich – gänzlich im Land bleiben, zusätzliche Arbeitsplätze würden geschaffen. „Unsere Branche will ausbauen. Die aktuellen Strukturen behindern das aber mehr, als dass sie es fördern.“
Von Hannes Gaisch-Faustmann