Zell am See wird mit Fernwärme erschlossen

5. März 2025, Salzburg

Die Energiewende führt in Salzburg auch über die Fernwärme. Diese soll deutlich ausgebaut werden. Neu erschlossen wird das Zeller Becken.

15 Jahre bleiben noch Zeit. Bis 2040 muss die Raumwärme im Bundesland Salzburg zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern stammen. Das Ende der fossilen Heizungen (Öl und Gas) ist somit eingeleitet. 60.000 Öl- und Gaskessel müssen laut dem Energiereferat des Landes ersetzt werden. Der Anteil der erneuerbaren Energien in der Raumwärme liegt im Moment bei 70 Prozent.

Eine Schlüsselrolle bei der Energiewende nimmt die Fernwärme ein. Seit 70 Jahren wird in Salzburg auf den Transport thermischer Energie in einem wärmegedämmten Rohrsystem gesetzt. Haushalte brauchen dafür einen Anschluss. Besonders geeignet dafür ist das dicht besiedelte Stadtgebiet.

Die Fernwärme erlebt eine Hochphase. „32.000 Haushaltskunden sind im Bundesland an ein Fernwärmenetz der Salzburg AG angeschlossen“, sagt Siegfried Müllegger, Leiter Energietechnik in der Salzburg AG. Rund 80.000 Kunden zählt das gesamte Fernwärmenetz im Bundesland. Gerhard Löffler, Leiter des Energiereferats beim Land: „Rund die Hälfte der Ölheizungen und 85 Prozent der Gasheizungen liegen in einem potenziellen Fernwärmegebiet.“
Der Ausbau der Fernwärme soll die Energiewende beschleunigen. „Überall dort, wo Hauptleitungen sind, setzen wir auf Verdichtung“, sagt Müllegger. In der Stadt Salzburg erschließt man aber auch neue Fernwärmegebiete. Es ist vor allem die Süd-West-Spange, die im Moment erschlossen wird. „Gebaut wird eine neue, große Leitung von der Schwarzenbergkaserne über das Designer Outlet bis hin zum Flughafen.“ Im Bereich Stiegl und Bräuhausgasse soll die Leitung in näherer Zukunft mit dem Stadtnetz verbunden werden.

Als weiterer Stadtteil wird Liefering ins Auge gefasst. „Hier sind wir allerdings abhängig vom geplanten Kaindl-Kraftwerk“, sagt Müllegger. Konkret geht es um ein Biomassekraftwerk, das unter anderem mit biogenen Produktionsabfällen wie Holzstaub, Verschnitt und Altholz betrieben werden soll. Die Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK) ist auf eine Leistung von 150 MW (32 MW Strom plus 118 MW Wärme) ausgelegt. Sie erzeugt damit mehr Energie, als das Unternehmen der Holzindustrie selbst benötigt. 45 MW sollen daher in das Fernwärmenetz der Salzburg AG eingespeist werden, was dem Wärmebedarf von 20.000 Haushalten entspricht.

Die Grundsteinlegung für das Kraftwerk sei Ende 2025 geplant, teilt ein Sprecher von Kaindl mit. Mit einer behördlichen Genehmigung werde im Sommer gerechnet. „Das Kraftwerk könnte im Idealfall 2028 in Betrieb gehen“, heißt es. „Mit diesem bekennen wir uns klar zu den Firmenstandorten in der Stadt Salzburg und in Annaberg-Lungötz.“ 200 Millionen Euro investiert der Holzriese Kaindl. Primär, um sich der Schwankung bei den Energiepreisen durch Eigenproduktion zu entziehen und so am Weltmarkt wettbewerbsfähig zu sein, aber das ist eine andere Geschichte.

Aber nicht nur im Salzburger Zentralraum wird die Fernwärme ausgebaut. Ein neu gegründetes Unternehmen der regionalen Energieversorger Salzburg AG und Kelag (Kärnten) sowie des Salzburger Raiffeisenverbandes ist die Tauernwärme GmbH, welche sich vor allem auf Zell am See konzentriert. „Der Großraum soll komplett neu aufgeschlossen werden.“ Mit dem Vertrieb wird 2025 im Bereich Schüttdorf und Zell am See begonnen.
Fernwärme bedeutet aber zugleich nicht, dass es sich um eine Wärmeerzeugung frei von fossiler Energie handelt. Der Fachbegriff für die Umstellung nennt sich Dekarbonisierung. Im Wort steckt die Transformation hin zu einer Energiewirtschaft, die CO2 -Emissionen reduziert beziehungsweise vermeidet.

„In der Stadt Salzburg sind 40 Prozent der Fernwärmeerzeugung dekarbonisiert“, sagt Müllegger. Im Jahr 2030 solle der Anteil bei mindestens 50 Prozent liegen. Im Moment wird in der Stadt vor allem Erdgas für die Fernwärmeerzeugung verwendet. „In den Landgebieten sprechen wir aufgrund eines hohen Biomasseanteils von 90 Prozent Dekarbonisierung.“

Aber bleiben wir im Stadtgebiet: „Wenn das Kaindl-Kraftwerk kommt, heißt es, dass wir mittelfristig deutlich weniger Gas benötigen.“ Das Heizkraftwerk Mitte brauche man dann vor allem für die Wintermonate. „Wenn es sehr kalt ist und wir einen hohen Bedarf abdecken müssen.“

Das Heizkraftwerk Salzburg Nord bekommt dann eine neue Rolle. „Es wird vor allem der Wärmespeicherung und der Absicherung der Versorgung dienen“, sagt Müllegger. Für die Salzburg AG ist das Geschäft mit der Fernwärme durchaus lukrativ. 325 Trassen-Kilometer umfasst das Netz. Die Leitungen werden doppelt verlegt. Mit einem Zu- und einem Rücklauf.

Bezahlt wird nach dem Fernwärmeanschluss ein Wärmepreis (Arbeitspreis und Leistungspreis) pro Kilowattstunde. Anders als bei Stromverträgen ist ein Anbieterwechsel aber nicht möglich. Es entsteht somit quasi eine Monopolstellung gegenüber den Haushalten.

„Fernwärme ist sicher ein interessanter Geschäftszweig, auch wenn dieser technisch herausfordernd ist und mit hohen Instandhaltungskosten aufgrund der Leitungen verbunden ist“, sagt Müllegger. Zudem müsse die Salzburg AG selbst die Versorgungssicherheit bei der Raumwärme garantieren. Zur Monopolstellung sagt Müllegger: „Es gibt sehr wohl eine Konkurrenz, nämlich mit anderen Wärmeträgern.“ Er bezieht sich dabei auf Wärmepumpen und Pelletsheizungen.
Die Kosten für den Fernwärmeanschluss und die Adaptierung des Heizsystems müssen die Haushalte tragen. Zwischen 10.000 und 30.000 Euro kostet die Umstellung auf Fernwärme samt Anschluss. Abhängig sind die Kosten freilich von der Leistung der Anlage.

Bis zum Vorjahr gab es hohe Förderungen von Bundesseite für die Abkehr von Öl- und Gasheizungen in Haushalten. Auch für den Fernwärmeanschluss wurden bis zu 75 Prozent der Errichtungs- und Anschlusskosten von der öffentlichen Hand übernommen. 2500 Haushalte im Bundesland Salzburg stellten in den Jahren 2023 und 2024 auf die Fernwärme der Salzburg AG um. 276 Anlagen wurden zuletzt vom Bund gefördert.

Ursprünglich war das Bundesförderpaket bis 2026 angekündigt. Die Fördermittel sind allerdings bereits aufgebraucht. Vom Land gibt es noch eine Förderung für den Heizungstausch in Höhe von 5000 Euro.

In der Salzburg AG spricht man von Förderungen als Anreiz für den Ausstieg aus Öl- und Gas. Falle das Förderprogramm der neuen Bundesregierung niedriger aus, werde sich die Umstiegsrate auf Fernwärme wohl etwas abflachen, heißt es.

Ziel der neuen schwarz-rot-pinken Bundesregierung ist laut Regierungsprogramm, die Dekarbonisierung in der Raumwärme zu unterstützen. In puncto Förderungen heißt das Vorhaben: „Evaluierung und Weiterentwicklung des Förderrahmens für den Heizungstausch im Sinne besserer Kosteneffizienz.“

von Marco Riebler

Salzburger Nachrichten