Klimawandel: Warum sich gerade Europa so schnell erwärmt

16. April 2025, Genf

Hitzerekorde, Trockenheit, Überschwemmungen: 2024 war ein Jahr der Extreme

Die Daten zeigen es schon länger: Kein Kontinent erwärmt sich schneller als Europa. Das vergangene Jahr bestätigte den Trend nun auf alarmierende Weise: 2024 war das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Hitzewellen werden länger und intensiver, die Dürren und Waldbrände nehmen zu. Aber das ist nur ein Teil der Geschichte, die der aktuelle „European State of the Climate“-Report vom europäischen Copernicus Climate Change Service (C3S) und von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) erzählt. Auch die weiteren Fakten lassen aufhorchen:

Ost-West-Unterschiede: Denn während im Süden und Osten des Kontinents anhaltende Hochdruckgebiete besonders heiße und trockene Monate erlebt haben, war es im Westen so feucht wie schon lange nicht mehr. Fast ein Drittel des europäischen Flussnetzes hat die Hochwasserschwelle überschritten. Der Sturm Boris setzte im Herbst nicht nur Österreich, sondern auch sieben weitere Staaten unter Wasser. Ähnliches ereignete sich wenig später in der Region um Valencia.

Die Opferbilanz ist erschreckend: Allein im Jahr 2024 gab es 335 Todesopfer, 413.000 Europäer litten unter dem Extremwetter.

Die Schäden aus solchen Extremwetterereignissen werden für 2024 auf mehr als 18 Milliarden Euro geschätzt.
Die Zahl der Tage mit ’starkem‘, ’sehr starkem‘ und ‚extremem‘ Hitzestress war die zweithöchste seit Beginn der Aufzeichnungen. In 60 Prozent Europas gab es mehr Tage mit mindestens ’starkem‘ Hitzestress als im Durchschnitt.
Für das gesamte Jahr war die Meeresoberflächentemperatur für die europäische Region mit 0,7 Grad Celsius über dem Durchschnitt und für das Mittelmeer mit 1,2 Grad über dem Durchschnitt die höchste seit Beginn der Aufzeichnungen.
Kälte: Der Anteil der europäischen Landfläche mit weniger als drei Monaten mit Frost war der höchste aller Zeiten. Es gab bislang kein Jahr mit weniger Tagen mit mindestens ’starker Kälte‘.

Gletscher: Alle Regionen Europas verzeichneten einen Eisverlust; die Gletscher in Skandinavien und Spitzbergen verzeichneten den größten Massenverlust seit Beginn der Aufzeichnungen.

Waldbrände: Im September brannten in Portugal innerhalb einer Woche rund 110.000 ha (1100 km²) ab, was etwa einem Viertel der gesamten jährlichen Brandfläche in Europa entspricht. Schätzungsweise 42.000 Menschen waren von den Waldbränden in Europa betroffen.

Die Gründe für die auffallend schnelle Erhitzung Europas sind vielfältig: Experten nennen den hohen Anteil an den Landflächen der Arktis, die sich schneller erwärmen als alle anderen Regionen der Erde, die Veränderung in der Atmosphärenzirkulation, die sommerliche Hitzewellen begünstigt, und den Rückgang des Ausstoßes an Aerosolen. Das sind winzige Teilchen in der Luft, die Sonnenlicht reflektieren und so Hitze vorbeugen können.

Sonneneinstrahlung: Das West-Ost-Gefälle auf dem Kontinent zeigte sich auch in der Sonneneinstrahlung. So wurden auf dem Balkan bis zu 350 Sonnenstunden über dem Durchschnitt gezählt, in Frankreich war die Sonne dagegen Hunderte Stunden im Jahr seltener zu sehen als üblich. Insgesamt war es in Europa vier Prozent sonniger als im langjährigen Mittel.

Erneuerbare Energien: Das wirkte sich auch auf die Stromproduktion aus. Während Osteuropa hervorragende Bedingungen für Solarmodule verzeichnete, lag Westeuropa häufig unter einer Wolkendecke, was die Stromproduktion schmälerte. Der Zubau der erneuerbaren Kapazitäten sorgte unter dem Strich dennoch für einen Zuwachs: Mit einem Anteil von 45 Prozent an der Stromerzeugung übertrafen Photovoltaik, Wind und Wasserkraft die bisherige Bestmarke von 43 Prozent im Vorjahr.

Erstmals geht der Copernicus-Bericht zudem auf Fortschritte bei der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung ein. Als positiv bewerten die Experten, dass mittlerweile jede zweite größere europäische Stadt einen Plan mit Anpassungsmaßnahmen erarbeitet hat, doppelt so viele wie noch 2018. So baut etwa Glasgow ein Frühwarnsystem vor Überschwemmungen aus, während Paris zunehmend auf Bäume setzt, um im Sommer ausreichend Schatten zu bieten.

Oberösterreichische Nachrichten