Aus der deutschen Wirtschaft kommt weiterhin Kritik an der Entscheidung der deutschen Regierung, die Stromsteuer wie gehabt nur für die Industrie sowie für die Land- und Forstwirtschaft auf das europäische Mindestmaß zu senken. Verbände warfen Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) am Mittwoch vor, gegen den Koalitionsvertrag zu verstoßen. Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kritisierte den Finanzminister.
„Händlerinnen und Händler haben darauf gesetzt, dass die Bundesregierung ihr Wort hält und die Stromsteuer für alle senkt, nicht nur für ausgewählte Branchen“, erklärte der Präsident des Handelsverbands Deutschland, Alexander von Preen. „Bricht die Bundesregierung jetzt ihr Versprechen, entstehen den Unternehmen Kosten in Millionenhöhe.“
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks sprach von einem „Schlag ins Kontor für den Mittelstand“. Auch energieintensive Handewerksbetriebe, beispielsweise in der Textrilreinigung, müssten endlich entlastet werden. „Wir fordern die Bundesregierung auf, zu ihrem Wort zu stehen“, erklärte Verbandspräsident Jörg Dittrich.
„Industrie- und Handelskammern berichten uns von vielen empörten Anrufen aus Betrieben, die fest mit einer sinkenden Stromsteuer gerechnet hatten“, erklärte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian. „Niemand versteht, warum trotz der geplanten Rekord-Verschuldung diese ohnehin recht kleine, aber sehr wichtige Entlastung nicht möglich sein soll.“
Ähnlich geäußert hatten sich am Dienstag bereits Organisationen wie der Verband der Elektro- und Digitalindustrie. Auch Verbraucherschützer kritisierten die Ankündigung, dass lediglich die gesenkte Stromsteuer für die Industrie sowie für die Land- und Forstwirtschaft „verstetigt“ werden solle. „Die Entlastung der Menschen bei den Energiepreisen war eines der zentralen Wahlversprechen der Koalitionsparteien“, erklärte die Vorsitzende des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Ramona Pop.
Auch das Verbraucherportal Finanztip sprach von einem „Wortbruch“. „Die Stromsteuer wäre die halbe Miete gewesen, um das Ziel von insgesamt fünf Cent günstigerem Strom zu erreichen“, erklärte Energie-Experte Benjamin Weigl. „Jetzt ist die wichtige Entlastung für private Haushalte praktisch nicht mehr möglich.“
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte den Schritt mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten begründet. Aus ihrer Partei kam allerdings auch Kritik. „Die Absenkung der Stromsteuer für alle muss kommen. Sie ist gedacht als Kompensation für den CO2-Preis“, sagte Generalsekretär Linnemann der „Bild“.
APA/AFP