Pläne für grünes Flugbenzin bisher gescheitert

12. August 2025, London
Probleme beim klimafreundlichen Flugkraftstoff
 - Gänserndorf, APA/THEMENBILD

An Plänen zur Produktion von klimafreundlichem Flugkraftstoff (SAF) scheiterte es in den vergangenen Jahren nicht, aber bisher an der Umsetzung. Schließlich klagen die Airlines, es gebe nicht genug von dem Kerosin-Ersatz, um die in der EU geltende Beimischungsquote einhalten zu können, mit der die Politik die CO2-Emissionen der Luftfahrt eindämmen will. Viele SAF-Pläne verzögerten sich oder lösten sich in Luft auf, wie eine Auswertung der Nachrichtenagentur Reuters zeigt.

Von rund 160 Projekten, die Airlines und andere Unternehmen zusammen mit potenziellen Produzenten seit 2012 ankündigten, wurden nur 36 realisiert. Knapp ein Drittel verzögert sich oder wurde ganz auf Eis gelegt. Von jedem vierten war seit der Ankündigung nichts mehr zu hören. Etwa zwei Dutzend zerschlugen sich.

Wunsch und Wirklichkeit klaffen deshalb immer weiter auseinander. Selbst wenn alle ausstehenden Projekte umgesetzt würden, entspräche dies nur etwa 10 Prozent der Menge, die für das globale Klimaziel der Luftfahrt bis 2050 gebraucht wird. Dann will die Branche „netto“ kein Treibhausgas mehr ausstoßen – das heißt, was nicht durch grünes Flugbenzin und effizientere Flugzeuge vermieden werden kann, soll durch Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden.

SAF-Anteil bei 0,7 Prozent des gesamten Kerosinbedarfs

Die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation ICAO erfasste in den vergangenen zwölf Jahren 157 Abnahmevereinbarungen im Volumen von 43 Mio. Tonnen SAF. Sie werden in der Regel nur mit Leben erfüllt, wenn die Produktion zustande kommt. Häufig sind Start-ups mit neuen, industriell nicht erprobten Technologien am Werk. Tatsächlich produziert wird aber wenig: Der internationale Airline-Verband IATA erwartet für 2025 eine Verdoppelung der weltweiten SAF-Menge auf 2 Mio. Tonnen, was nur 0,7 Prozent des gesamten Kerosinbedarfs ausmacht.

Für das 2050 geltende Ziel bräuchten sie 300-mal so viel. Denn der Flugverkehr, für rund 2,5 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen heute verantwortlich, wird sich nach Prognosen bis 2050 gegenüber dem Jahr 2019 verdoppeln, der Treibstoffverbrauch zugleich um 59 Prozent steigen. Das Kernproblem sind die hohen Kosten von SAF, das aus Bioabfällen, Altfett oder mit Strom hergestellt wird. Es ist drei- bis fünfmal so teuer wie Kerosin und kann erst billiger werden, wenn die Menge massiv steigt. Doch die Menge steigt nicht, weil der Preis so hoch ist. Verbraucher sind selten bereit, ihren Flug durch einen Aufschlag auf den Ticketpreis klimafreundlicher zu machen.

„Viel geredet, wenig getan“

Manche Projekte scheitern still und leise wie ein wichtiges von WorldEnergy in den USA. Die Raffinerie des Unternehmens in Paramount, Kalifornien, die einst als Vorzeigeprojekt galt und mit United Airlines eine der großen Fluggesellschaften belieferte, stellte im April nach neun Jahren den Betrieb ein. Pläne für ein zweites Werk in Houston liegen auf Eis. Ohne Namen zu nennen, warf Firmenchef Gene Gebolys Airlines vor, mit ihren Ankündigungen zur SAF-Beschaffung vor allem „unredliche“ Werbezwecke zu verfolgen. „Die Leute haben in der Vergangenheit manchmal zu viel geredet und zu wenig getan“, monierte Gebolys. Er will dennoch einen neuen Anlauf nehmen und kündigte einen Neustart der Produktion in Paramount an. United Airlines erklärte, die Zusammenarbeit mit WorldEnergy bereits vor einigen Jahren beendet zu haben.

Randy Letang, Chef des Produzenten SGP BioEnergy, vermisst verbindliche Abnahmezusagen von Fluggesellschaften. Die Firma verschob den Start ihrer SAF-Anlage in Panama um zwei Jahre auf 2027. Letang begründete dies mit dem nachlassenden Interesse der Airline-Kunden. Er erwägt, auf erneuerbaren Diesel für Lkw und Schiffe umzusteigen, da diese Branchen mehr Engagement zeigten. „Wir werden es mit SAF nur so weit treiben, bis wir feststellen, ob die Fluggesellschaften es wirklich ernst meinen“, sagte Letang. Hersteller bräuchten Konsortien aus mehreren Airlines, forderte er. Letangs frühere Firma SG Preston scheiterte trotz großer Lieferverträge mit JetBlue und Qantas. Keine der fünf geplanten Anlagen wurde gebaut.

Versuch und Irrtum

Auch bei der Lufthansa gibt es gemischte Erfahrungen in Sachen SAF-Versorgung mit einem halben Dutzend Projekten. SAF spiele eine zentrale Rolle als Mittel zu Klimaschutz, erklärte der Mutterkonzern der AUA. „Der Fortschritt beim Einsatz von SAF ist aber viel langsamer als erwartet.“ Eine Kooperation mit Atmosfair wurde 2023 eingestellt, weil deren strombasiertes SAF durch den Anstieg der Energiepreise zu teuer geworden sei. Die Firma Haltermann Carless aus Speyer sollte ab 2026 größere Mengen ans Lufthansa-Drehkreuz Frankfurt liefern. Seit April liegt das Projekt auf Eis. Trotz konstruktiven Austauschs mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik fehlten wesentliche Rahmenbedingungen und verlässliche Zusagen für eine Weiterentwicklung des Projekts, erklärte HCS. Die Mineralölkonzerne Shell und OMV beliefern die Lufthansa, wenn auch nicht so umfangreich wie einst geplant.

Mit ihrer zu geringen Produktion sind die Ölmultis, die mit Kerosin aus Erdöl ihr Geld verdienen, nach Ansicht von Willie Walsh vom Airline-Verband IATA die Hauptverantwortlichen der Misere. „Diese Leute sind die Ursache des Problems“, sagte er. „Sie müssen endlich ihren Beitrag leisten.“

Klimaschützer wittern hinter den zahlreich angekündigten SAF-Plänen unterdessen politisches Kalkül der Airlines. Wenn die Branche den Eindruck eines bevorstehenden Durchbruchs bei der Produktion von SAF verbreite, könne sie noch härtere Klimaschutzvorschriften abwenden, erklärte die Umweltlobby Transport & Environment.

APA/Reuters