
Salzburg-AG-Chef Michael Baminger wehrt sich gegen die Kritik an den Energieversorgern und zu hohen Preisen. Die Preise folgten den Kosten, sagt der Salzburg-AG-Chef. Helfen würde der rasche Ausbau der Erneuerbaren. In Salzburg hat Ex-SPÖ-Chef David Egger eine neue Energiepreisdebatte losgetreten. Er fordert faire Preise und kein Schielen auf die Dividende.
Was bedeutet das für die Salzburg AG? Sind die Preise fair?
Michael Baminger: Die Frage, ob Preise fair sind, ist immer sehr subjektiv. Unser Versprechen ist: Sobald wir Spielräume haben, geben wir das weiter. Das haben wir seit 2023 vier Mal gemacht und wir committen uns weiter dazu, weil es ja auch in unserem Interesse liegt, dass die Kunden zufrieden sind. Wir haben erst vor Kurzem unseren Strompreisdeckel verlängert bis 2026. Die Salzburg AG ist mit ihrem Arbeitspreis von 15,8 Cent brutto relativ teuer. Wir arbeiten mit Rabattsystemen, wie die meisten anderen auch, weil uns ein Preisänderungsrecht fehlt. Inklusive Rabatte sind wir für den Salzburger Durchschnittshaushalt mit 2800 Kilowattstunden bei 12,67 Cent je kWh netto. Darin berücksichtigt sind der Strompreisdeckel mit zehn Cent netto bis 1500 kWh und 25 Gratistage gegen ein Jahr Bindung. Damit zählen wir immer zu den günstigsten drei Landesversorgern in Österreich. Vorige Woche haben Sie die Gaspreise erhöht, pünktlich zur Heizsaison.
Ist das fair?
Laut unseren allgemeinen Lieferbedingungen müssen oder dürfen wir unsere Preise vor oder nach der Heizsaison ändern. Wir mussten vor Jahren wegen der Preisänderungsprobleme zwei Zeitpunkte festlegen. Da gibt es keine Alternativen. Wir haben zwei Mal nicht erhöht und gehören noch immer zu den günstigsten Anbietern.
Es gibt kein Gesetz, dass Preise immer steigen müssen?
Nein. Unsere Preise beziehen sich auf die Beschaffungskosten. Mittlerweile hat sich der Gaspreis im Großhandel halbwegs stabilisiert und wenn er auf den Weltmärkten so stabil bleibt, hoffen wir, dass keine Erhöhungen mehr nötig sind. Wenn es möglich ist, senken wir lieber, als zu erhöhen.
Bleiben wir bei den Preisen: Der Tiroler Landesversorger Tiwag hat seit 2024 in den Satzungen die Vorgabe, Versorgungssicherheit zu „kostengünstigen Preisen“ zu bieten. Würde so ein Satz bei der Salzburg AG etwas ändern?
Nein. Wir hatten diese Debatte im Kontext mit der Landesrechnungshofprüfung im Landtag. Erstens steht „kostengünstig“ in allen relevanten Energiegesetzen auf Landes- und auf Bundesebene schon drin und auch in unserer Satzung gibt es eine diesbezügliche Formulierung. Das Aktienrecht beinhaltet auch diese allgemeinen öffentlichen Interessen, aber es ist ganz klar, dass das Unternehmenswohl das Primärinteresse sein muss. Das gilt für den Vorstand und den Aufsichtsrat. Eine Formulierung in eine Satzung zu schreiben, hebelt diesen Rechtsrahmen nicht aus. Da muss man tatsächlich Gesetze ändern.
Das Aktiengesetz?
Was jetzt in der öffentlichen Debatte passiert, ist, dass man die Spieler, also uns Unternehmen, dafür kritisiert, dass wir uns an die Spielregeln halten. Die gibt der Gesetzgeber vor. Wenn man sie anders haben möchte, muss man sie ändern. Das ist eine politische Diskussion und die wäre eigentlich zu führen. Eine Änderung steht auch im Regierungsprogramm.
Eine gute Idee?
Ich traue mich nicht, das auf Basis einer sehr allgemeinen Aussage im Regierungsprogramm zu beurteilen. Fakt ist, wenn der Gesetzgeber es macht, lässt sich das ändern. Ich würde mir als Organ einer Gesellschaft nur wünschen, dass die Änderung klar ist und wir nicht in Auslegungsdebatten kommen, was mit „kostengünstig“ gemeint ist. Noch ein Nachsatz: Es wird ständig insinuiert, dass Preisgünstigkeit gesetzlich geregelt werden müsste und dass sie nicht der Fall ist. Seit der Energiekrise 2022 gab es deutliche Rückgänge bei den Energiepreisen. Das ist die Komponente, die wir beeinflussen können, und es ist in unserem Interesse, die Kunden ordentlich zu behandeln. Aber der Energiepreis macht nur 40 Prozent der Rechnung aus. Die beiden anderen Posten sind Netze sowie Steuern und Abgaben, und die sind der Grund dafür, dass Strom als Inflationstreiber gilt.
Würde nicht auch mehr Wettbewerb helfen?
Ich teile diese Einschätzung nicht. Der Salzburger Kunde kann laut Tarifkalkulator unter 110 Angeboten wählen. So zu tun, als würde das Preisproblem weggehen, wenn man noch mehr Wettbewerb hätte, erscheint mir unzureichend. Bei Netzen, Steuern und Abgaben finden wir die größeren Hebel. Im Grunde ist Wettbewerb aber gut, für alle Beteiligten, auch die Unternehmen.
Anfang 2026 werden wieder die Netzkosten steigen. Heuer sind sie im Durchschnitt um 23 Prozent nach oben gegangen. Wie schlimm wird es?
Ich glaube, dass der Anstieg in Salzburg geringer ausfallen wird als im Durchschnitt. Die Grundsystematik beim Netz lautet vereinfacht: Sie nehmen Investitionen und Betriebskosten und dividieren das durch die abgesetzte Strommenge. Jetzt steigen die Investitionen deutlich, die abgesetzte Menge aber nicht in diesem Ausmaß oder sinkt durch die dezentrale Erzeugung sogar. Das lässt die Netzkosten steigen. Daher ist es gescheit, dass im Elektrizitätswirtschaftsgesetz Grundlagen geschaffen werden, dieses 25 Jahre alte System in die heutige Zeit zu holen. Aber wenn wir pro futuro in diesem Tempo den Ausbau weiter auf die maximalen Bedarfe einzelner Einspeiser forcieren, kann man nicht davon ausgehen, das mit Struktureffizienz zu kompensieren. Das geht sich mathematisch nicht aus.
Was müsste man also tun, damit die Strompreise sinken?
Sie sind noch fast doppelt so hoch wie 2019. Bei der Energiekomponente wird es Senkungen geben. Wir sehen, dass die Börsenpreise in den nächsten drei Jahren niedriger werden. Wir kaufen langfristig ein und minimieren damit das Risiko für unsere Kunden – und schleppen deswegen auch noch die höheren Preise aus den Krisenjahren mit. Was mittel- und langfristig der Energiekomponente hilft, ist Angebot, das heißt, den erneuerbaren Ausbau wirklich voranzutreiben. Beim Netz von einer Senkung auszugehen, ist nicht realitätsnah. Die Frage ist, wie schnell es gelingt, den Netzausbau bedarfsgerechter zu machen. Steuern und Abgaben zu senken, wäre theoretisch die schnellste Maßnahme, aber wir wissen, wie es beim Bundesbudget ausschaut. Der Energiekrisenbeitrag von geschätzt 200 Millionen Euro ist auch nicht dazu da, Kundinnen und Kunden zu unterstützen, sondern für Budgetmaßnahmen. Das ist die politische Realität.
Also abwarten und zahlen?
Wir haben uns das für Salzburg angeschaut: Die Netzpreise sind inflationsbereinigt halb so hoch wie 2001, vor der Liberalisierung. Die Preise sind jahrelang nur nach unten gegangen. Jetzt wird sehr viel investiert in die Integration der dezentralen Erzeugung, daher gehen sie erstmals wieder nach oben. Faktum ist: Die Sonne schickt eine Rechnung, sie schickt sie in Form von Strukturkosten. Und diese Wahrheit muss man klar aussprechen. Energiewende, Versorgungssicherheit und Kosten stehen in einem Spannungsbogen zueinander. Bis voriges Jahr war sehr stark dieser ideologiegetriebene Fokus auf Integration der Erneuerbaren um jeden Preis. Da verschiebt sich die politische Debatte jetzt glücklicherweise ein bisschen in Richtung mehr Ausgewogenheit.
MONIKA GRAF
Salzburger Nachrichten